Koblenz. Anlässlich der Verbandsratssitzung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau erläuterte Präsident Marco Weber die Folgen des Bruches der Ampelkoalition für die Bundespolitik und die Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. Problematisch sei u.a. der für das Jahr 2025 nicht verabschiedete Bundeshaushalt. Er begrüße das baldige Stellen der Vertrauensfrage, zeitnahe Wahlen und danach schnellstmöglich eine arbeitsfähige und effiziente Bundesregierung. Der Haushaltsplan für das Jahr 2025 sei bisher noch nicht verabschiedet worden. Eine Folge sei, dass kofinanzierte Programme nicht bedient werden könnten und die dafür vorgehenen Mittel gesperrt seien. Das gelte für landwirtschaftliche Förderprogramme genauso wie für Landeshaushalte. Die Folgen seien vielschichtig. Die Auszahlung der Flächenprämie zum Jahresende 2024 sei aber unangetastet möglich. Weiter erläuterte Weber die Auswirkungen des Austritts des FDP-Landesvorsitzenden und Bundesfinanzminister Volker Wissing für die FDP auf Bundes- und Landesebene.
Der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Gerald Dohme sprach im BWV-Verbandsrat über die Arbeit des landwirtschaftlichen Dachverbandes im politischen Berlin im Kontext der Verbands- und Strukturentwicklung. Er stellte zu Beginn seines Vortrages vor den Delegierten des Verbandsrates fest, dass der DBV über 18 Landesbauernverbände, die Mitglied im DBV seien und damit etwa 250.000 Bauernfamilien in 375 Kreisverbänden vertrete. Die 65 Mitarbeiter des DBV würden die Belange des landwirtschaftlichen Berufsstandes effektiv vertreten. 40 Mitarbeiter seien akademische Experten der unterschiedlichsten Ausrichtungen, die auf oberster Ebene mit Politikern in Kontakt stünden. Der DBV müsse in Berlin ebenso wie bei der EU in Brüssel Präsenz zeigen und begründete Anliegen kommunizieren und überzeugen. Der DBV sei in Berlin ein Teil von rund 6.000 Lobbyisten verschiedener Wirtschafts- und Nichtregierungsorganisationen. Er trifft dort derzeit auf 733 Bundestagsabgeordnete. Von diesen stünden nur etwa 20 der Landwirtschaft nahe und acht seien Agraringenieure oder Landwirte. Es sei von großer Bedeutung, betonte Dohme, thematisch und mit entsprechendem Fachwissen mit den Abgeordneten zu kommunizieren. Das sei aber nur in den Sitzungswochen möglich und setze entsprechende Planungen voraus.
Bauerntage und die Internationale Grüne Woche seien weitere wichtige Bausteine für den Transport der Anliegen der Bauernfamilien an die politischen Funktionsträger. Ein wesentliches Ziel sei, die positive Aufmerksamkeit der Presse zu erzielen. Die Bauernproteste zur Jahreswende 2023/24 mit dem Finale in Berlin Mitte Januar seien ein sehr gutes Beispiel für die verbandsinterne Zusammenarbeit und punktgenaue Organisation mit dem Fokus auf Ort, Zeitpunkt, Themen und Slogans. Da zu dieser Zeit die Unzufriedenheit in anderen europäischen Ländern sehr groß und zusätzlich die Stimmung in mittelständischen Betrieben anderer Branchen ebenfalls sehr schlecht gewesen sei, habe gemeinsam eine großartige und wirkungsvolle Protestwelle entstehen können. Die Tagespresse habe landwirtschaftlichen Themen viele Titelseiten gewidmet. Die Protestinhalte wirkten bis heute in politischen Debatten in ganz Europa nach. Der Erfolg und die friedliche Ausrichtung der Winterproteste hätten den Respekt der Bevölkerung gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben erhöht, die an Selbstbewusstsein gewonnen hätten.
Dohme machte deutlich, dass eine erfolgreiche Verbandsarbeit ein verlässliches, glaubwürdiges Auftreten, eine gute Vernetzung, passende Allianzen, Fachkompetenz, gute konstruktive Vorschläge zur Problemlösung, die Nutzung verschiedener Medienkanäle sowie stetige Präsenz am richtigen Ort zur richtigen Zeit mit den richtigen Argumenten beinhalte.
Gerald Dohme ging im weiteren Verlauf seines Vortrags auf die aktuelle politische Situation ein. Schließlich zerbrach einen Tag vor der BWV-Verbandsratssitzung die Ampelkoalition. „Deutschland braucht zeitnah eine stabile Regierung, um den Problemen im Land entgegnen zu können und ein starker Verhandlungspartner in der Außenpolitik zu sein. Der DBV stellt derzeit die landwirtschaftlichen Kernanliegen auf, um sie in die anstehende vorgezogene Bundestagswahl einzubringen. Er wird sich darüber hinaus bei den anstehenden Bundesparteitagen positionieren.“ Der DBV fordere, so Dohme, u.a. die Verankerung der Ernährungssicherheit als Staatsziel im Grundgesetz, gleichwertig mit den bereits dort aufgeführten Staatszielen Umwelt- und Tierschutz. In einem sogenannten 100-Tage-Programm werde der DBV Ziele formulieren, die bereits in den ersten 100 Tagen einer neuen Regierung umgesetzt werden könnten. Gleichzeitig werde bis zur neuen Bundestagswahl die Informationsfrequenz über landwirtschaftlichen Anliegen erhöht werden. Auch für die Verhandlungen zu einem neuen Koalitionsvertrag werde der DBV zeitnah Positionen ausarbeiten.
Der DBV werde seine Strukturen weiterentwickeln, machte der stellvertretende Generalsekretär deutlich. Eine effektive Vernetzung und Kommunikation der Landesbauernverbände untereinander und zum Deutschen Bauernverband sei Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit der landwirtschaftlichen Verbände und des DBV. Die Bundesagrarpolitik stehe dabei besonders im Fokus der berufsständischen Anliegen. Der DBV biete außerdem jungen Landwirten in den Landesbauernverbänden eine Plattform an, in der sich Jungbauern und Start-Up-Unternehmen kennenlernen und austauschen könnten. Ziel des DBV und der Landesbauernverbände sei es, Berufsnachwuchs für die politische Arbeit im Ehrenamt zu gewinnen. Kampagnen, Kurse, Workshops, Begegnungsmöglichkeiten, Persönlichkeitsförderung und politische Bildungsangebote seien lt. Dohme hierfür attraktive Mittel.
Im weiteren Verlauf der Verbandsratssitzung diskutierten die Delegierten weitere aktuelle Themen der BWV-RHEMO, E-Rechnungen und Schulterschluss Artenvielfalt.