Freilaufende Rinder dürfen mit Kugelschuss geschlachtet werden
Koblenz. Die Schlachtung von Rindern geschieht normalerweise in speziell dafür vorgesehenen Schlachträumen, die gesetzeskonform zunächst eine Fixierung der Tiere mit anschließender Betäubung – in der Regel durch ein Bolzenschussgerät – ermöglichen. Anschließend wird die Halsschlagader durchtrennt, wodurch durch Ausbluten schnell der Tod eintritt.
Bei Tieren, die ganzjährig im Freien gehalten werden, verursacht diese Methode in der vorbereitenden Phase jedoch übermäßigen Stress durch das erforderliche Einfangen und die notwendige Fixierung und Ruhigstellung des Rindes, sodass grundsätzlich auch eine Schlachtung mittels „Kugelschuss“ in Frage kommt. Über die Zulässigkeit eines solchen Kugelschusses gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Ansichten, zumal ein Erlass des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität aus dem Jahr 2022 hohe Anforderungen an die Genehmigung eines Kugelschusses zur Schlachtung gestellt hat.
Das Verwaltungsgericht in Koblenz hat nunmehr entschieden, dass bei Rindern, die ganzjährig im Freien gehalten werden, der Kugelschuss als Regelverfahren anzusehen und daher auch von den zuständigen Behörden zu genehmigen ist.
In dem vom Verwaltungsgericht entschiedenen Fall hatte ein Rinderhalter aus dem Rhein Lahn-Kreis die Genehmigung zur Schlachtung eines Wagyu-Rindes mittels Kugelschuss beantragt. Diese Genehmigung wurde ihm zunächst versagt. Da sein fristgerecht eingelegter Widerspruch nicht beschieden wurde, verfolgte er sein Anliegen auf gerichtlichem Wege mittels Untätigkeitsklage weiter. Zunächst mit Erfolg.
Die Richter erteilten der Forderung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, auch bei ganzjährig im Freien gehaltenen Rindern die Bolzenschussbetäubung dem Kugelschuss vorzuziehen, es sei denn, es seien erhebliche Risiken bei dieser Methode für Mensch und/oder Tier ersichtlich, eine Absage. Zur Begründung wiesen die Koblenzer Richter insbesondere daraufhin, dass das Einfangen und Fixieren von ganzjährig im Freien gehaltenen Tieren sowohl mit Gefahren für das Personal verbunden und auch für die Tiere selbst sehr belastend seien. Der Kugelschuss würde dem Tier hingegen Aufregung und Ängste ersparen, die sich insbesondere aus dem Einfangen und dem Ruhigstellen, beziehungsweise Fixieren des Kopfes zur Vorbereitung des betäubenden Bolzenschusses ergeben. Daher vertraten die Richter die Auffassung, dass, bei korrekter Anwendung, der Kugelschuss eine schmerz-, stress- und leidensfreie Schlachtung im Sinne der tierschutzrechtlichen Bestimmungen und damit auch das Regelverfahren in diesen Fällen sei. Daher sei dem Landwirt die entsprechende Genehmigung zu erteilen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Koblenz ist noch nicht rechtskräftig und auch grundsätzlich auf einen Einzelfall bezogen. Dennoch gibt sie wichtige Hinweise auf die juristische und tierschutzrechtliche Einordnung von Schlachtverfahren bei ganzjährig im Freien gehaltenen Rindern.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Koblenz vom 24. Juli 2023
Aktenzeichen 3 K 39/23.KO