Folgen des Ukraine-Krieges für Landwirtschaft und Verbraucher
Wittlich. Anlässlich der Folgen des Angriffskrieges gegen die Ukraine für Landwirtschaft und Verbraucher haben die beiden Vorsitzenden der Kreisverbände des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Bernkastel-Wittlich und Bitburg-Prüm, Manfred Zelder und Stefan Fiedler, zu einer gemeinsamen Pressekonferenz in das Haus der Landwirtschaft nach Wittlich eingeladen. Sie machten deutlich, dass neben der humanitären Katastrophe in der Ukraine der Krieg auch extreme Auswirkungen auf Energie- und Betriebsmittelkosten habe. Nicht nur die Energieversorgung, sondern auch die weltweite Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln könne ernsthaft gefährdet sein.
Mit der Ukraine als „Kornkammer“ Europas falle ein wichtiger Exporteur von Agrarprodukten kriegsbedingt weg, was insbesondere ärmere und importabhängige Länder extrem belaste. Zudem sei der internationale Agrarmarkt aufgrund der Sanktionen und des Boykotts russischer Produkte stark betroffen.
Um Versorgungsengpässe oder gar Hungersnöte zu vermeiden, wolle der landwirtschaftliche Berufsstand vollen Einsatz für die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung leisten. Es gelte nun, in Europa und in Deutschland zusätzliche Nahrungsmittel zu produzieren, um den Wegfall der Ernten der Ukraine zumindest teilweise aufzufangen. Deshalb müsse die Politik die Rahmenbedingungen zur Produktion von Nahrungsmitteln kurzfristig anpassen. Die Kreisvorsitzenden fordern mit Blick auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ab 2023 zumindest eine Verschiebung der Reform. Die Pflicht zur Stilllegung von mindestens vier Prozent der Ackerflächen werde der aktuellen Situation nicht gerecht. Es müsse nun so viel produziert werden, wie möglich sei. „Die politische Strategie zur Ökologisierung, Extensivierung und Flächenstillung ist der falsche Weg. Stattdessen müssen nun Anpassungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein bewiesen werden“, so Zelder und Fiedler.
Die EU sei im Zuge der GAP-Reform ebenfalls gefordert, verpflichtende Fruchtwechselvorgaben auszusetzen. Die Vorgabe eines starren Fruchtwechsels, wie ihn die GAP ab 2023 vorsehe, greife in die Anbauplanung der landwirtschaftlichen Betriebe ein und gefährde vor allem die Bereitstellung von genügend Tierfutter und agrarischen Rohstoffen für die Energieerzeugung.
Um Erträge zu steigern und mehr Lebensmittel zu produzieren, schlugen Zelder und Fiedler auch eine Anpassung der Düngeverordnung vor. Die Verordnung reduziere die Erntemengen massiv. Hier stehe die Bundesregierung in der Pflicht, Einschränkungen durch die Düngeverordnung zu überdenken. Eine befristete Aussetzung ernterelevanter Auflagen müsse in Betracht gezogen werden, um verantwortungsvoll auf die Weltgeschehnisse reagieren zu können. Zudem könne durch Umwidmung von Wirtschaftsgrünland in Ackerflächen die Nahrungsmittelerzeugung ausgedehnt werden. Es fehle bisher aber noch am politischen Willen.
Die landwirtschaftlichen Betriebe litten sehr unter den enormen Kraftstoffkosten. Eine vollständige Agrardieselsteuerrückvergütung und eine Reduzierung der Mineralöl- und CO2-Steuer seien daher notwendig und sinnvoll. Denn die sprunghaft gestiegenen Produktionskosten dürften die Bewirtschaftung der Flächen nicht gefährden.
Gerade mit Blick auf die explodierenden Betriebsmittel- und Energiepreise sowie die hohe Inflationsrate könne auch die Landesregierung einen Beitrag zur finanziellen Entlastung der Betriebe leisten, indem die Ausgleichszulage für Betriebe in benachteiligten Gebieten deutlich erhöht werde.
Große Sorge bereite außerdem die Versorgung der Nutztiere mit Eiweißfuttermitteln. Hier seien bereits Lieferengpässe zu verzeichnen. Schließlich falle die Ukraine als Exporteur von gentechnikfrei erzeugten Futtermitteln aus.
Abschließend hoben Zelder und Fiedler hervor, dass die Potenziale landwirtschaftlicher Energieerzeugung besser genutzt werden müssten. Die technischen Kapazitäten von Biogasanlagen würden bislang nicht ausgeschöpft, weil dies durch die politisch festgelegte Deckelung der Energieerzeugung verhindert werde. Mit einer Flexibilisierung dieser Grenzwerte könne die Landwirtschaft einen noch stärkeren Beitrag zur Unabhängigkeit der Energieversorgung leisten.