Koblenz. Auf Einladung des BWV Präsidenten Marco Weber sprach Innenminister Michael Ebling während der BWV-Verbandsratssitzung über den künftigen Landesentwicklungsplan (LEP V). LEP V soll den LEP IV ablösen, der aus dem Jahr 2008 stammt. Thematisiert wurde auch der Leitfaden zur Planung und Bewertung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen aus raumordnerischer Sicht vom 26. Januar 2024 (FFPVA), den das Innenministerium den Kommunen zur Verfügung gestellt hat. Dieser Leitfaden soll den Kommunen Vollzugshinweise zur vierten Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über das Landesentwicklungsprogramm geben. Präsident Weber sprach sich für den uneingeschränkten Schutz landwirtschaftlicher Flächen aus: „Freiflächen-Photovoltaikanlagen dürfen nicht immer weiter landwirtschaftliche Nutzflächen verbrauchen.“ Eine Ausweitung der bereits durch das EEG bestehenden Privilegierung von PV-Freiflächenanlagen entlang von Autobahnen und mehrgleisigen Schienenstrecken, wie es ein Leitfaden des Innenministeriums vorsehe, müsse verhindert werden, da es Betriebe in ihrer Existenz bedrohe. Auch die Möglichkeit ein Zielabweichungsverfahren anzustoßen, die das Innenministerium in dem Leitfaden vorsehe, dürfe die demokratisch legitimierten Planungen der Kommunen nicht aushebeln. Dem weiteren Flächenverbrauch wären sonst Tür und Tor geöffnet, so der Präsident
Ebling machte deutlich, dass der Landesentwicklungsplan unterschiedliche Interessen vereinen müsse, von der Landes- bis auf die Gemeindeebene. Es gäbe dabei unterschiedliche Herausforderungen, wie den Klimawandel, den Erhalt der Kulturlandschaft, die regionale Wirtschaft und auch die Landwirtschaft zu meistern. Außerdem seien soziale Aspekte wichtig. Der privilegierte Ausbau von erneuerbaren Energien längs von linienförmigen Strukturtrassen basiere auf geändertem Bundesrecht. Daher habe der Ausbau regenerativer Energien Vorrang. Das Land Rheinland-Pfalz habe zusätzlich eigene Ziele zur Klimaanpassung formuliert. Selbstverständlich, so der Minister, sei die Landwirtschaft von herausragender Bedeutung und die hohe Flächeninanspruchnahme sei ihm bekannt. Der Boden sei nun einmal nicht vermehrbar. Daher solle LEP V gemeinsam mit allen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen entwickelt werden. Er dankte dem BWV für die Abgabe seiner Stellungnahme im Rahmen des ersten Dialogprozesses zu LEP V. Bis zum zweiten Quartal 2025 sei die Veröffentlichung des ersten konsolidierten Entwurfs geplant, in dem dann die ersten Stellungnahmen berücksichtigt sein sollen. Im weiteren Verlauf, werde es sogenannte Werkstatt-Dialoge mit Stakeholdern und eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Im letzten Quartal 2026 soll der Ministerrat sich mit dem LEP V befassen und es beschließen. Bis dahin soll ein intensiver Dialog mit allen Gruppen der Gesellschaft stattfinden. Schließlich sei der Plan über einen langen Zeitraum in die Zukunft gerichtet und er müsse abgestimmt und akzeptiert sein.
Die Dynamik und deren Folgen, landwirtschaftliche Flächen mit Photovoltaikpanelen zu überbauen, sei ihm sehr wohl bekannt. Ihm sei ebenfalls an einer gesunden Agrarstruktur und Kulturlandschaft gelegen. Daher seien die Anlagen auf maximal 2 Prozent der Ackerflächen begrenzt. Aktuell betrage die Überbauung von Ackerflächen mit Photovoltaikanlagen in Rheinland-Pfalz 0,034 Prozent. Unter Berücksichtigung der geplanten Anlagen seien es 0,6 Prozent, erläuterte Minister Ebling. (Anmerkung Redaktion: der BWV hat Minister Ebling gebeten, diese Zahlen zu überprüfen, da sie nicht belastbar scheinen.) Die Entwicklung unterliege einem Monitoring, so dass die 2-Prozent-Grenze nicht überschritten werde. Für künftige Planungen von PV-Anlagen komme den Regionalplänen, die dem LEP V untergeordnet seien, eine große Bedeutung zu. Dort seien Vorranggebiete auszuweisen, außerhalb derer keine Photovoltaikanlagen erstellt werden dürften.
„Landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe können
im Wettbewerb der Interessen um die Fläche kaum mithalten“.
Marco Weber
Präsident des BWV Rheinland-Nassau
Präsident Weber dankte Minister Ebling für den Meinungsaustausch. Eine Verknappung landwirtschaftlicher Flächen durch außerlandwirtschaftliche Nutzungen habe schwerwiegende Auswirkungen auf die Pacht- und Kaufpreise der jeweiligen Flächen. Dabei seien die landwirtschaftlichen Betriebe bereits heute kaum mehr in der Lage, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben. In Rheinland-Pfalz würden derzeit circa 8 Hektar an landwirtschaftlichen Flächen pro Tag der Produktion entzogen. Bereits heute gehe somit circa alle 10 Tage statistisch ein landwirtschaftlicher Betrieb in Rheinland-Pfalz durch den Flächenverbrauch verloren. Hinzu kämen weitere Auflagen, wie beispielsweise die Grünlandkartierung, die zu weiteren Einschränkungen in der Produktion führen würden. Im Vulkaneifelkreis seien 28 Prozent des Grünlandes als besonders schützenswert kartiert worden. Dieses Grünland sei für Milchviehbetriebe wegen der notwendigen extensiven Bewirtschaftung kaum nutzbar. Somit habe die Kartierung Auswirkungen auf den Pachtmarkt, die nicht unterschätzt werden dürfe. Darüber hinaus dürfe die rheinland-pfälzische 2-Prozent-Grenze nicht zu einer Anhäufung von PV-Anlagen in einzelnen Regionen führen. So gäbe es bereits heute Gebiete, die die 2-Prozent-Grenze bereits überschreiten würden. Die regionale Verteilung müsse genauer definiert und neu berechnet werden, so Weber.
In der weiteren Diskussion machten die Mitglieder des Verbandsrates deutlich, dass sie grundsätzlich erneuerbare Energien begrüßen würden. Eine unkontrollierte Bebauung sei aber abzulehnen. Präsidiumsmitglied Harald Schneider machte deutlich, dass die Gemeinde oft keinen Einfluss darauf habe, wo PV-Anlagen installiert würden. So würden beispielsweise seinem Betrieb circa 20 Hektar beste Böden verloren gehen. Dabei wolle weder er noch die Gemeinde diese Flächen für Photovoltaikanlagen zur Verfügung stellen. Es seien daher Konzepte notwendig, damit Privatinvestoren kommunale Planungen nicht umgehen könnten.
Vizepräsident Walter Clüsserath machte darauf aufmerksam, dass die Gewichtung landwirtschaftlicher Belange über die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer im Rahmen des LEP V nicht ihrer Bedeutung entspreche. Die Stellungnahme sei nur eine von ca. 70 öffentlichen Institutionen. Er forderte das Innenministerium auf, die Anliegen der Landwirtschaft höher zu gewichten. So seien die Anliegen vieler Umweltverbände nicht von größerer Bedeutung als die Anliegen der Landwirtschaft. Vizepräsident Manfred Zelder erinnerte an das Ziel der Ernährungssouveränität. Auch deshalb müssten die Belange der Landwirtschaft höher bewertet werden, als die der NGOs.
Ebling machte deutlich, dass es angesichts der Klimaveränderungen ambitionierte Klimaschutzziele geben müsse. Viele Kollegen in der Politik würden aber mittlerweile erkennen, dass die Erfüllung extremer Ziele nicht möglich sei. Dazu hätten auch die Proteste im Winter 23/24 beigetragen, betonte Ebling. Die Belange der Landwirtschaft würden seither anders betrachtet, Die Privilegierung von PV-Anlagen durch Entscheidungen auf Bundesebene habe eine Dynamik in Gang gesetzt, die nun eingebremst werden müsse: „Ohne Bremse schaffen wir Konflikte“, betonte der Minister. Die 2-Prozent-Grenze sei ein Deckel, den es geben müsse. Dieser Wert müsse allerdings über die Regionalplanung ausgewogen verteilt werden. Es sei nicht das Ziel, einzelnen Kommunen PV-Anlagen „aufzudrücken“. Vizepräsident Manfred Zelder betonte, dass im Raum Wittlich bereits acht Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit PV-Anlagen belegt seien. Die sogenannte Bremse sei also dringend notwendig.
Kreisvorsitzender Stefan Fiedler gab zu bedenken, dass viele Verbandsgemeinden ihre PV-Planungen bereits durchgeführt hätten. LEP V käme hier schon zu spät. Es müsse eine Art Veto geben, das den Interessen der Bürger Rechnung tragen würde und das demokratische gewählten Mitglieder in den Gemeinderäten unterstütze. Außerdem sollten erst Dachflächen und Parkplätze mit Photovoltaik belegt werden, bevor man Ackerland dafür nutze. Fiedler erinnerte daran, dass die Erzeugung erneuerbarer Energien auch weiterhin über Biogas möglich sein müsse. Diese Erzeugung sei mittlerweile nicht mehr nur vom Mais abhängig, es gäbe schließlich auch eine Güllevergärung und weitere pflanzliche Kulturen, wie zum Beispiel die Hirse oder die Durchwachsene Silphie.
Die ehemalige LandFrauenvorsitzende, Rita Lanius-Heck, machte an ihrem Heimat-Landkreis Rhein-Hunsrück die Folgen eines unausgewogenen Ausbaus der erneuerbaren Energien in der Region deutlich. Innerhalb der Regionalgemeinschaft werde das Ziel maximal 2 Prozent nicht überschritten. Bezogen auf die Gemeinden im Rhein-Hunsrück-Kreis werde dieses Ziel aber nicht eingehalten.
Marco Weber forderte den Innenminister auf beim Entwurf zum LEP V unbedingt nachzujustieren. Auch die Bundespolitik müsse ihre Entscheidungen den Entwicklungen vor Ort anpassen. Die Landwirtschaft habe sich nie gesträubt, sich konstruktiv an Planungen zu beteiligen. Existenzgefährdungen im landwirtschaftlichen Bereich werde er aber niemals akzeptieren. Bei der Privilegierung von PV-Anlagen müsse nun zwingend eine „Bremse“ eingeführt werden.
Alle Seiten kamen darin überein, weiter im Gespräch zu bleiben und dass die landwirtschaftlichen Erfordernisse verstärkt Berücksichtigung finden müssen.