Liebe Landwirtinnen und Landwirte, Landfrauen und Landjugendliche,
das Jahr 2023 geht zu Ende. Es war ein Jahr, in dem neben denkwürdigen Ereignissen, wie Ukrainekrieg, Nahostkrieg, Inflation und Migration, auch viele landwirtschaftliche Themen wieder öffentlich diskutiert wurden. Hier sind aktuell die Themen Glyphosat und die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) zu nennen. Beide Themen konnten jetzt auf EU-Ebene durch fachliche Argumente und gute Arbeit des DBV und seiner Landesbauernverbände zumindest für geraume Zeit im Sinne der Landwirte und Winzer entschärft werden.
Es bleibt aber festzuhalten, dass Fachlichkeit oft gegen den Mainstream nicht ankommt. Sowohl in der Gesellschaft als auch in Teilen der Parlamente und sogar bei den Regierungen und Verwaltungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene tritt man den Vertretern der Landwirtschaft mit populistischen und idealistisch geprägten Vorbehalten und Forderungen entgegen, sei es beim Thema Tierwohl, bei der Flächenbewirtschaftung oder beim Gewässerschutz. Selbst mit wissenschaftlich abgesicherten und belegbaren Argumenten kann man den Vorurteilen kaum wirksam begegnen. Auch der Hinweis auf das unaufhörliche Sterben von landwirtschaftlichen Betrieben und das drohende Aus für ganze Weinbauregionen ändert langfristig nichts an der ablehnenden oder kritischen Grundhaltung gegenüber dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch die Landwirtschaft.
Die Diskussion über naturschutzfachliche Themen auf EU-Ebene hat aber aktuell gezeigt, dass wir dann doch mit Fakten gelegentlich allen emotionalen und unreflektiert wiederholten Forderungen Paroli bieten können. Das macht zumindest kurzfristig Mut und schafft Gehör für die Argumente der Bauern und Winzer in Politik und Gesellschaft. Aber darauf können wir uns nicht ausruhen, sondern müssen uns auch selbst auf allen Ebenen in den Parlamenten engagieren. Das Jahr 2024 wird hier bei der Kommunalwahl sicher einige Möglichkeiten eröffnen.
Wie wichtig das kommunalpolitische Engagement ist, zeigen vor Ort die Diskussionen in den Räten zu den Ausweisungen von Flächen für Freiflächen-Fotovoltaik. Hier wird über die von uns bewirtschafteten Flächen bestimmt und es werden Beträge an die Eigentümer gezahlt, bei denen die Landwirte mit Pachtzahlungen nicht mithalten können. Der Ausverkauf der landwirtschaftlichen Nutzfläche nimmt teils groteske Züge an und entzieht den landwirtschaftlichen Betrieben nicht selten die Existenzgrundlage. Selbst die politisch propagierte Versorgung mit regionalen Produkten verliert angesichts des politischen Ziels, die Energieversorgung schnellstmöglich auf erneuerbare Energien umzustellen, an Bedeutung. Oder sind es vielleicht doch die finanziellen Interessen, die das Handeln vor Ort bestimmen? Es ist ja auch so einfach, denn den Produkten im Supermarkt sieht man ja oft nicht an, woher sie kommen und wie dort produziert wird, ist ja weit weg – insbesondere wenn es dann auch noch billig ist. Wir werden diese Haltung unserer Mitbürger aber nur ändern, wenn wir uns engagieren. Jeder ist aufgerufen, auf seiner Ebene Einfluss zu nehmen. Dies gilt für die „große Politik“ ebenso wie für kommunales Engagement. Fotovoltaikanlagen, Windräder oder Baugebiete benötigen in aller Regel landwirtschaftlich genutzte Flächen. Daher ist es wichtig, dass Sie sich verstärkt in kommunale Diskussionen um die Zukunft ihrer Region einbringen und für ihre eigenen Belange einstehen. Fehlentwicklungen in der Planung auf kommunaler Ebene können verbandspolitisch in der Regel nicht korrigiert werden.
Der Sparzwang der Bundesregierung hat die Landwirtschaft erreicht, einen wirtschaftlich ohnehin sehr gebeutelten Berufsstand. Die geplante Streichung der Agrardieselrückvergütung und die Aufhebung der landwirtschaftlichen KFZ-Steuerbefreiung können wir uns nicht bieten lassen. Eindrucksvoll haben wir Anfang der Woche in Berlin und überall in Deutschland auf diesen Wort- und Vertrauensbruch der Bundesregierung reagiert. Vielen Dank für Ihren Einsatz. Sie bringen unsere berechtigten Anliegen auf die Straße und somit in die Öffentlichkeit. Unsere Kompromissbereitschaft ist überstrapaziert. Das Maß ist voll. Ich bin nicht bereit, über die von unserer Regierung geplanten enormen Steuerbelastungen zu diskutieren. Jetzt müssen diese geplanten drastischen Einkommenskürzungen vom Tisch.
Ich kann nicht auf das Jahr 2023 zurückblicken, ohne auch das Wetter anzusprechen. Das Jahr war von einem niederschlagsreichen Frühjahr, einem langen trockenen Sommer und einem Herbst, der vielerorts keine Befahrbarkeit der Böden zuließ, geprägt. Weite Teile von Rheinland-Pfalz blieben von schwierigen bis hin zu katastrophenähnlichen Wetterereignissen verschont. Aber es gab auch Tornados und Hagelschäden, die für die Betroffenen massive Folgen hatten. Das wird nach allen bisherigen Prognosen auch in Zukunft der Fall sein und vermutlich sogar noch öfter. Deshalb müssen wir uns auch dem Thema Klimawandel stellen und unseren Beitrag dazu leisten, diesem wirksam zu begegnen. Hier ist der Dialog auch mit den Natur- und Umweltschutzverbänden wichtig. Das Ehrenamt im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau steht mit diesen in ständigem Kontakt.
Es muss unser aller Ziel sein, die nach guter fachlicher Praxis bewirtschafteten landwirtschaftlichen und weinbaulichen Flächen mit Klimaschutzzielen und Naturschutzzielen, die nicht immer deckungsgleich sind, zu kombinieren. Der Naturschutz, der Erhalt der Artenvielfalt, die Fruchtbarkeit unserer Böden und der Schutz unseres Wassers sind grundlegende Ziele auch unseres Handelns. Ebenso haben wir ein Interesse an stabilen und vorhersehbaren klimatischen Grundbedingungen. Dabei wissen die Natur- und Umweltverbände mittlerweile sehr genau, dass die Wirtschaftlichkeit unserer Betriebe von großer Bedeutung für die gemeinsame Zukunft ist. Ohne wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe wird es auf Dauer kein Grünland, keine Freiflächen und am Ende auch keine große Artenvielfalt in verbuschten und bewaldeten Mittelgebirgsregionen mehr geben. Wir müssen uns daher dafür einsetzen, dass wir spätestens bei der nächsten GAP-Periode wirtschaftlich attraktive Angebote im Einklang mit den Zielen des Natur- und Klimaschutzes erhalten, die aber zwingend die Einschränkungen in der Bewirtschaftung ökonomisch ausgleichen müssen.
Wenn wir in den geruhsamen Tagen vor Weihnachten und zwischen den Jahren besinnlich in die Zukunft blicken, werden wir feststellen, dass die von mir genannten Themen die Basis des Projekts „ZukunftsBauer“ sind. Denn gerade über dieses Projekt wird deutlich, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Arbeit nicht alleine über unsere landwirtschaftliche Produktion, die sicher von großer Bedeutung für die Ernährungssicherheit und die Gesundheit unserer Bevölkerung ist, gewinnen können, sondern ebenso über unseren Einsatz für gesellschaftliche Belange. Darunter fällt die Produktion erneuerbarer Energien ebenso wie unser soziales Engagement und nicht zuletzt unser Sachverstand, den wir lokal und überregional auch immer in den Dienst unserer Gesellschaft stellen. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Diesen Wandel müssen wir als Chance begreifen und nicht nur mit unseren Betrieben, sondern auch mit unserem Know-how unser Umfeld aktiv mitgestalten.
Auch für mich persönlich hat das Jahr 2023 eine wichtige Änderung bereitgehalten. Anfang Dezember wurde ich zum Präsidenten der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz gewählt, ein wichtiges und ehrenvolles Amt, das meine ganze Aufmerksamkeit verdient. Daher werde ich mein Amt als Bauern- und Winzerpräsident, das ich neun Jahre lang sehr gerne wahrgenommen habe, zu Beginn des neuen Jahres zur Verfügung stellen. Insofern ist dies mein letztes Grußwort zum Jahreswechsel in dieser Funktion und ich bin dankbar dafür, dass Sie, liebe Bäuerinnen und Bauern, liebe Winzerinnen und Winzer, mir in dieser Zeit Ihr Vertrauen entgegengebracht haben und ich die berufsständischen Anliegen gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten durfte.
Ich danke allen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen des Verbandes für die tatkräftige Unterstützung und für das Vertrauen, das Sie mir und dem Verband im vergangenen Jahr geschenkt haben. Ich wünsche Ihnen persönlich alles Gute im neuen Jahr, wirtschaftlichen Erfolg für Ihren Betrieb, Lebensfreude und genug Zeit für Ehe, Familie oder Partner. Sind und bleiben Sie stolz darauf, was Sie geschaffen haben und in Zukunft schaffen werden.
Mit den besten Wünschen und Gottes Segen für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches 2024
Ich wünsche Ihnen allen von Herzen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest mit Ihrer Familie und ein glückliches, gesundes sowie privat und beruflich erfolgreiches Jahr 2024.
Ökonomierat Michael Horper
Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau