Rheinland-Pfalz. Der Frost hat in den Nächten zum 22. und 23. April viele Wein- und Obstbaubetriebe im Norden von Rheinland-Pfalz schwer getroffen. Winzer und Obstbauern beklagen starke Schäden und teilweise sogar Totalausfälle. Über die Folgen der Minustemperaturen für die Betriebe ließen sich der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Andy Becht, und der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland- Nassau, Marco Weber, am Donnerstag von Winzern an der Mosel berichten. Beide zeigten sich bei einem Besuch vor Ort in betroffenen Weinbergen schockiert über die ausgedehnten Frostschäden. Der Staatssekretär und der Präsident waren sich einig, dass solche extremen Wetterverhältnisse – erst sehr warm und dann noch einmal Frost – zugenommen hätten und weiter zu nehmen würden. Der immer frühere Austrieb der Reben mache diese besonders anfällig für Schäden durch Spätfröste im Frühjahr. Der Staatssekretär verwies auf die seitens der Landesregierung geschaffenen Möglichkeiten sich gegen Frost im Weinbau über eine sogenannte Mehrgefahrenversicherung abzusichern. In Rheinland-Pfalz fördere das Land die Versicherungsprämie mit 50 Prozent Zuschuss bzw. maximal 180 € je Hektar. Eine solche Ernteversicherung minimiere das betriebliche Risiko und sei im Schadensfall ein wichtiges Element zur Stabilisierung der Einkommen von Weinbaubetrieben, betonte der Staatssekretär.
Als nachteilig erwies sich das warme, feuchte Wetter bis Mitte April. Die Vegetation ist dadurch in vielen Bereichen zwei bis drei Wochen früher entwickelt, als im Durchschnitt der Jahre. Damit trafen die kalten Temperaturen die Weinstöcke und Obstbäume in empfindlichen Wachstumsstadiem, in denen die Grundlagen für die spätere Ernte gelegt werden. Hier hat der Frost nun zugeschlagen und Hoffnungen auf gute Ernten zunichte gemacht.
Die schwersten Frostschäden traten nach Erkenntnissen des Bauern- und Winzerverbandes (BWV) Rheinland-Nassau vor allem von Sonntag auf Montag auf. Hier seien besonders in den tieferen Lagen, in denen es kein Nebel gegeben habe, große Schäden festgestellt worden. Unter anderem seien die Steillagen an der Ober- und Mittelmosel hart getroffen worden, so der Verband. Die Weinbaubetriebe der Obermosel und deren Seitentäler der Saar und der Ruwer, hätten nun über weite Gebiete hinweg sogar 100 Prozent Totalausfall zu verkraften. Ob die Schäden durch den Austrieb der sogenannten Beiaugen in Teilen kompensiert werde, könne derzeit noch nicht gesagt werden, erklärten die Fachleute des BWV. Aber auch dann müßten die Betriebe mit hohen Einkommenseinbußen rechnen, da dann nur mit maximal 30 Prozent des Normalertrages gerechnet werden könne. Der Austrieb über die Beiaugen führe darüber hinaus zu einer um bis zu vier Wochen späteren Lese. Erschwerend komme hinzu, dass bei einem Nebeneinander von Trieben aus Bei- und Hauptaugen, die Trauben unterschiedliche Reifegrade erreichen würden, was die Traubenlese zusätzlich erschweren werde. Die Erträge und damit die Erlöse seien folglich auch dann deutlich geschmälert, rechnete der Verband vor. Die Rückmeldungen über die frostgeschädigten Reben machten deutlich, dass die Schadenshöhen moselabwärts abnehmen würden. Die sogenannten „Kaltlagen“ an der Untermosel hätten dennoch deutliche Schäden zu beklagen. Der BWV Rheinland-Nassau weist deshalb darauf hin, dass auch im von Frost weniger hart betroffenen Gebieten einzelne Betriebe dennoch mit existenziell hohen Ertragseinbußen rechnen müssten.
Auch der Obstbau wurde schwer getroffen, berichtet der Verband. Im nördlichen Rheinland-Pfalz seien viele Zwetschenbestände erfroren. Auch Erdbeeren und Apfelbestände seien in Mitleidenschaft gezogen worden. Wo sich hingegen Nebel gebildet hätte, wären hingegen meist keine Frostschäden festzustellen. Die Obstbauern hätten teilweise in den beiden maßgeblichen Nächten zum Schutz der Vegetation Frostschutzberegnung oder Wärmemaßnahmen durchgeführt und so Schlimmeres verhindert.
Ein weiteres Problem der vergangenen Tage sei die anhaltende Nässe, die örtlich zu Fruchtbarkeitsproblemen bei Süßkirschen (Pollensterilität) geführt habe. Auch die Vegetation im Obstbau sei drei Wochen früher dran, als üblich. Damit bleibe das Risiko eines schädigenden Frosteinbruchs in die Kulturen noch bis nach den sogenannten „Eisheiligen“ erhalten, erinnert der Verband.