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Herdenschutzhunde müssen nachts eingesperrt werden

Münster. An der Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist seit einigen Jahren ein Wolfsrudel sesshaft geworden. Sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Nordrhein-Westfalen gibt es vielerlei Bestrebungen Nutztiere wirkungsvoll vor Wolfsangriffen zu schützen. Einer der möglichen Maßnahmen ist es, Tiere durch den Einsatz von Herdenschutzhunden im Freien zu schützen und damit Wolfsangriffe zu vermeiden. Der Einsatz solcher speziell ausgebildeter Hunde ist jedoch nicht immer konfliktfrei und führt mitunter zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. So auch in einem Fall, den das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen kürzlich zu entscheiden hatte.

Auf der nordrhein-westfälischen Seite hatte eine Landwirtin ihre insgesamt 46 Nutztiere (Galloway Rinder, Ponys, Esel, Ziegen und Schafe) auf ihren Weideflächen, die an ein dörfliches Gebiet mit Wohnbebauung angrenzen, zusätzlich zur Einzäunung mit insgesamt sieben Herdenschutzhunden geschützt. Den Nachbarn gefiel das häufige Bellen der Hunde nicht, was die zuständige Gemeinde dazu veranlasste, der Landwirtin aufzuerlegen, nachts zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr sowie sonn- und feiertags zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr die Hunde in einem geschlossenen Gebäude unterzubringen. Der gegen diese Verfügung gerichtete Eilantrag wurde vom Verwaltungsgericht in Köln zurückgewiesen, auch die Beschwerde der Landwirtin vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung wies der Senat im Eilverfahren darauf hin, dass die Anordnung der Unterbringung von Herdenschutzhunden in einem geschlossenen Gebäude während der in Nordrhein-Westfalen vorgesehenen Ruhezeiten offensichtlich rechtmäßig sei. Vor dem Hintergrund, dass das Gebell der Herdenschutzhunde die Nachbarn mehr als nur geringfügig belästige, verstoße dies gegen das Landesimmissionsschutzgesetz. Auch wenn Hundegebell in einer dörflich geprägten Umgebung zur ortsüblichen Geräuschkulisse dazugehöre und der Herdenschutz im ausgewiesenen Wolfsgebiet stattfinde, genieße das Gebell der Hunde allerdings keinen absoluten Vorrang vor den Interessen der Nachbarn, nicht mehr als zumutbar gestört zu werden. Die Richter vertraten die Auffassung, dass das betriebliche Interesse der Landwirtin nicht überwiege, zumal diese auch nicht nachgewiesen habe, dass insbesondere während der Ruhezeiten zwingend auf den Einsatz der Herdenschutzhunde zurückgegriffen werden müsse. Denn sie verfüge über einen Stall, in dem wenigstens ein Teil der Tiere untergebracht werden könne und habe darüber hinaus einen nach aktuellen Förderrichtlinien anerkannten Elektrozaun installiert. Außerdem sei es für sie möglich, durch weitere organisatorische Maßnahmen ihre Herde ausreichend zu schützen. Letztlich sei auch nicht ersichtlich, dass eine so große Anzahl an Herdenschutzhunden tatsächlich erforderlich sei.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster zeigt, dass im Zusammenhang mit dem Auftreten des Wolfs unterschiedliche gesellschaftliche Interessen aufeinanderprallen und im Einzelfall die Interessen der Beteiligten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen. Dabei sind immer die Umstände des Einzelfalls von Bedeutung, wie das Urteil aus Münster zeigt. Die Entscheidung, die unanfechtbar ist, beruht allerdings auf der nordrhein-westfälischen Rechtsgrundlage. Ob in Rheinland-Pfalz eine Entscheidung in gleicher Weise getroffen würde, ist zumindest fraglich.

(Beschluss des OVG Münster vom 05.10.2023, AZ: 8 B 833/23)