Niederzissen. 40 betroffene Bäuerinnen und Bauern trafen sich auf dem Vulkanhof bei Niederzissen, am Naturschutzgebiet Laacher See, das 2.100 Hektar umfasst, um über das aktuelle Pflanzenschutzmittelanwendungsverbot in Naturschutzgebieten zu diskutieren. Hierzu haben die Kreisvorsitzenden des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV) Franz-Josef Schäfer und Wolfgang Karbaum den BWV-Präsidenten Marco Weber und Philipp Forst vom DLR Westerwald-Osteifel sowie Landtagsabgeordnete auf den Betrieb von Sebastian Schäfer eingeladen.
Während der gesamten Veranstaltung wurde deutlich, dass die landwirtschaftlichen Betriebe unter dem Pflanzenschutzmittelverbot in Naturschutzgebieten wirtschaftlich und mental leiden. Dabei wird offentsichtlich der Schutzzweck, die Flora und Fauna zu erhalten, nicht erreicht, da die eingeschränkte Bewirtschaftung zu Verschiebungen bei den Populationen führt.
Zu Beginn der Veranstaltung erläuterte Philipp Forst die geltenden Auflagen zum Pflanzenschutzausbringungsverbot in Naturschutzgebieten. Am Laacher See seien dabei rund 330 Hektar an Ackerflächen betroffen. Die nachteiligen Folgen des Anwendungsverbotes für Landwirtschaft und Naturschutz seien mittlerweile absehbar, nämlich negative Auswirkungen auf die Bodenbrüter sowie den Erosionsschutz. Die Artengesellschaften, so Forst, würden sich definitiv ändern, aber offensichtlich nicht in die gewünschte Richtung. Der den Betrieben gewährte Erschwernisausgleich mildere die Verluste lediglich, könne sie aber nicht vollständig wirtschaftlich ausgleichen. Dazu trage auch das Anrechnen dieses Ausgleichs auf die Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen bei. Darüber hinaus würden sich die Betriebe noch abhängiger von Subventionen machen. Auch erhöhe sich das Anbaurisiko landwirtschaftlicher Kulturen deutlich, so Forst.
Gegenüber den anwesenden Landtagsabgeordneten Petra Schneider, Horst Gies und den Medienvertretern machte der Präsident des BWV Marco Weber deutlich, dass die Landwirte ihre Flächen regulär bewirtschaften wollten und keine Wertverluste akzeptieren würden. Gerade der Deutsche Bauernverband habe vor der Verabschiedung der Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung im Jahr 2021 intensive Gespräche mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner geführt. Diese hätten aber leider nicht den für die Bauern gewünschten Erfolg gezeitigt. Weber machte deutlich, dass es für ihn nun zwei Vorgehensweisen gebe. Es müsse schnell das Gespräch mit Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer gesucht werden. Dies sei notwendig, um in der Anwendungsverordnung dauerhafte Ausnahmen festzulegen. Über eine Öffnungsklausel könne dann das Land Herbizid- und Insektizid-Behandlungen sowie den Einsatz von Insektiziden genehmigen. In einem weiteren Schritt müssten die Flächen innerhalb eines Naturschutzgebietes in landwirtschaftlich nutzbare Flächen und „Nur-Naturschutzflächen“ differenziert werden. Die Landbewirtschaftung in Naturschutzgebieten müsse weiterhin aufrechterhalten werden, nicht zuletzt, um auch den Naturschutzzielen gerecht zu werden.
Der Betriebsleiter des am stärksten betroffen Betriebes, Sebastian Schäfer, kritisierte das Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Naturschutzgebieten heftig. Er sei nun nicht mehr in der Lage, dort wie bisher Raps anzubauen, eine Kultur, die für seine Fruchtfolge von fundamentaler Bedeutung sei. Er habe mittlerweile hohe Investitionen für Bodenbearbeitungsgeräte tätigen müssen, um Pflanzenschutzmaßnahmen mechanisch durchführen zu können. Trotz dieser hohen Investitionen könnten die Kulturen qualitativ den Erfordernissen des Marktes nicht gerecht werden.
Abgeordneter Horst Gies ergänzte, dass die Absprachen zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium sehr zu kritisieren seien. Der Artenvielfalt werde damit ein Bärendienst erwiesen. Außerdem gingen dadurch landwirtschaftliche Flächen verloren. Er unterstütze den Bauernpräsidenten bezüglich der Umsetzung schneller Sondergenehmigungen für die Betriebe, die in Schutzgebieten wirtschafteten. Wahlkreisabgeordnete Petra Schneider gab zu bedenken, dass durch die enteignungsgleichen Auflagen Werte verloren gingen, die letztlich auch den landwirtschaftlichen Rentnern schaden würden. Letztlich gingen Einkommen verloren.
In der weiteren Diskussion kam man darin überein, dass die pauschalen und nicht an die Besonderheiten der jeweiligen Region angepassten Einschränkungen konventioneller landwirtschaftlicher Bewirtschaftung in Naturschutzgebieten der Artenvielfalt und Boden brütenden Tieren deutlich schaden könne, wie das Beispiel Maria Laach zeige. Außerdem würden erhöhte Investitionen die Betriebe wirtschaftlich schädigen und dem Erosionsschutz entgegenwirken. Dieser Entwicklung müssten Berufsstand und Politik weiterhin deutlich entgegentreten.