Streit mit Jägern rechtfertigt nicht Ende der Zwangsmitgliedschaft

Münster. Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, aus ethischen Gründen die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft, die grundsätzlich für jeden Grundeigentümer einer bejagbaren Fläche gilt, zu beenden. An die maßgeblichen ethischen Gründe sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen, damit ein Eigentümer mit seiner Fläche aus der Solidargemeinschaft einer Jagdgenossenschaft ausscheiden kann. Dies gilt sowohl inhaltlich als auch in formaler Hinsicht, wie eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Münster kürzlich dargelegt hat.

Ein Jagdgenosse mit rund 16 Hektar Fläche begehrte den Austritt aus der Jagdgenossenschaft und begründete dies zunächst mit gravierenden Streitigkeiten mit dem Jagdpächter. Nachdem der betroffene Grundstückseigentümer im Verlaufe des weiteren Verfahren mehrfach darauf hingewiesen worden war, die alleine für einen Austritt nach § 6 a Bundesjagdgesetz maßgeblichen ethische Gründe darzulegen, hat er dies jedoch – nach Überzeugung des Gerichtes – nicht stimmig im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nachgeholt. Vor diesem Hintergrund sahen die Richter das Begehren des Grundstückseigentümers, den Austritt aus der Jagdgenossenschaft aus ethischen Gründen verlangen zu können, nicht als gerechtfertigt an. Vielmehr stellten die Richter fest, dass es für die Beurteilung von ethischen Gründen maßgeblich auf eine tief verankerte persönliche Überzeugung ankomme, die auch einen gewissen Grad an Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit erreicht habe.

Vor allem an der Stimmigkeit seines Verhaltes hatten die Richter im Falle des Eigentümers erhebliche Zweifel und damit auch daran, dass der Betroffene die Jagdausübung unbedingt ablehnen würde. Ausschlaggebend für das Gericht war zunächst die Tatsache, dass sich der betroffene Grundstückseigentümer erst nach mehrfacherer Nachfrage und erst in der mündlichen Verhandlung überhaupt zu seiner ethischen Überzeugung, das Töten von Tieren abzulehnen, geäußert habe. Dies war für das Gericht nicht plausibel, weil er beispielsweise nicht darlegen konnte, warum er sich erst so spät zu dieser doch für die Entscheidung sehr maßgeblichen Frage geäußert habe. Darüber hinaus waren persönliche Unstimmigkeiten aufgetreten, die an einer ersthaften und widerspruchsfreien Ablehnung der Jagd Zweifel offenließen. So war im Laufe des Verfahrens mehrfach dargelegt worden, dass er den Austritt aus der Jagdgenossenschaft auf Grund persönlicher Konflikte mit der örtlichen Jägerschaft anstrebe. Weiterhin spreche die Tatsache, dass der Betroffene einen Baumbestand auf seinen Flächen roden lassen wollte und damit in den Lebensraum der dort lebenden Tiere maßgeblich eingegriffen habe, gegen seine notwendige tief verankerte Überzeugung.

Bei einigen Tierarten, z.B. Brachvögel oder Kiebitze, lehnte er die Tötung zudem nicht grundsätzlich ab. Darüber hinaus vermochte der Grundstückseigentümer nicht zufriedenstellend erklären, warum er einerseits die Tötung von Lebewesen im Rahmen der Jagdausübung ablehnen würde, zugleich aber Fleisch essen würde. Letztlich hatte der Betroffene über viele Jahre hinweg vorbehaltlos und offenbar ohne ethische Bedenken seinen Anteil an der Jagdpacht vereinnahmt und damit von der Jagd finanziell profitiert, was ebenfalls gegen ein stimmiges Verhalten und eine überzeugende Gewissensentscheidung des Betroffenen sprach.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Münster zeigt, dass an die Anforderungen, unter denen eine Befriedung von Grundflächen und damit ein Ausscheiden aus der Jagdgenossenschaft verlangt werden kann, hoch sind und von Beginn an ein stimmiges Verhalten des Grundstückseigentümers vorliegen muss. Gelingt dies nicht, gibt es ernsthafte Bedenken, die gemäß Bundesjagdgesetz einer möglichen Befriedung von Grundflächen aus ethischen Gründen entgegenstehen können.

Entscheidung des OVG Münster vom 10.09.2021, Az: 1 K 2285/18