Ukraine-Krieg

Biodiversitätsflächen machen keine hungernden Menschen satt

Koblenz. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will die Flexibilität, die das EU-Maßnahmenpaket vorsieht, nicht nutzen. Das hat die Hausspitze des BMEL gestern zur Freigabe der Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) durch die EU zur Ernährungssicherung, vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, mitgeteilt.

Somit können deutsche Landwirte, anders als ihre Kollegen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, auf brachliegenden Ackerflächen keine Ackerkulturen für die Nahrungsmittelproduktion anbauen. Geändert werden kann dies nur, wenn sich im Bundesrat Mitte April eine Mehrheit der Bundesländer findet, die die Nahrungsmittelproduktion auf den Brachflächen erlauben. Das wäre aber zu spät. „Die Landwirte können nur jetzt Ackerfrüchte aussäen und nicht erst Mitte April, wenn womöglich der Bundesrat anders entscheidet“, betont der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper. Die Hausspitze des BMEL beweise damit, dass ihr der fachliche Hintergrund darüber fehle, wie Ackerbau bzw. Landwirtschaft funktioniere, kritisiert der Präsident. Mit jedem Tag ohne Flächenfreigabe für die Erzeugung von Nahrungsmitteln werde das Zeitfenster zur Aussaat z.B. von Sommergetreide kleiner. Auch die Verfügbarkeit des Saatgutes und die Wetterverhältnisse würden eine Rolle spielen. Die Landwirte seien zutiefst verärgert über diese Fehlentscheidung des BMEL. Den Aufwuchs von Biodiversitätsflächen könne man nicht essen und er mache auch nicht satt, stellt Horper fest.

Horper zeigt sich auch sehr verwundert darüber, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium den Analysen der EU-Kommission über die Auswirkungen des Ukrainekrieges nicht folge. Es wäre an der Zeit, dass Europa sich solidarisch zeige und die Ukraine genauso wie die schwächsten, nahrungsmitteleinführenden Länder unterstütze. Auch die Welthungerhilfe zeige sich hinsichtlich der knapper werdenden Nahrungsmittel und der steigenden Preise in großer Sorge. Gerade die ärmsten Länder wären von den gravierenden Nahrungsmittel-Engpässen auf dem Weltmarkt und den explodierenden Preisen besonders hart betroffen.

Horper: „Mit dieser Haltung verzichtet das Bundeslandwirtschaftsministerium bewusst auf die Chance, im Zuge des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen wegfallenden Ernten, hierzulande mehr Lebensmittel zu produzieren. Eine solche Fehlentscheidung kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht zurückgenommen werden. Was heute nicht gesät wird, kann morgen nicht geerntet werden.“