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Krähenfraß muss verhindert werden können

Krähenfraß verursacht seit Jahren vor allem in Rheinhessen jährlich Schäden in sechsstelliger Höhe. Sowohl Raben- als auch Saatkrähenpopulationen werden immer größer und gefährden vor allem frisch angesäte landwirtschaftliche Flächen und damit den wirtschaftlichen Erfolg von Betrieben. Im Mai wurden im Saarland Lämmer mit ausgepickten Augen aufgefunden, die offenbar von Krähen getötet wurden. Die Rheinische Bauernzeitung befragte den Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau über die Hintergründe der Krähenschäden und über die Forderungen des Verbandes.

RBZ: Warum sind die Saat- und die Rabenkrähe ein Thema in der Landwirtschaft?
BWV: Saat- und Rabenkrähen und ihr Bestand sollen weiterhin geschützt werden. Das steht grundsätzlich nicht zur Disposition, vor allem bei der als besonders geschützten Tierart eingestuften Saatkrähe. Bei der Rabenkrähe ist die Situation anders. Derzeit wird die Population der Rabenkrähen deutschlandweit auf über 200.000 Tiere geschätzt. Die Anzahl nimmt jährlich zu. Dort wo die Tiere in Schwärmen auftreten, verursachen sie Totalschäden durch Fraß, beispielsweise im Obstbau oder auch bei frisch eingesäten Flächen. Manchmal sind sogar Schäden an Bewässerungseinrichtungen zu verzeichnen.

RBZ: Warum sollen die Tiere bejagt werden?
BWV: Der Artenschutz ist ein großes Anliegen unserer Bauern- und Winzerfamilien. Sie leben nicht nur in unserer Natur, sie arbeiten mit ihr und in ihr. Nur intakte Ökosysteme garantieren fruchtbare Böden und gesunde Kulturen. Das ist uns absolut bewusst. Es geht bei den Saat- und Rabenkrähen nicht um eine Bekämpfung, sondern lediglich um eine Dezimierung bei einem Überhandnehmen einer Population. Die natürlichen Feinde, wie die Greifvögel, schaffen es nicht, die Krähenpopulation in einem natürlichen Gleichgewicht zu halten. Sowohl die Saat- als auch die Rabenkrähe sind keine gefährdeten Arten und die Populationsgrößen sowie das erhebliche Schadpotential führen verständlicherweise zu Widerständen unter den Landwirten. Die Schäden nehmen intolerable Ausmaße an und verursachen große wirtschaftliche Verluste. Wir möchten einen weiteren Anstieg der Krähenbestände verhindern.

RBZ: Sollten vor einer Bejagung nicht Alternativen geprüft und bevorzugt werden?
BWV: Das ist bereits geschehen und geschieht weiterhin. Die gängigen Vergrämungsmaßnahmen sind aber bisher fast wirkungslos. Knallapparate, bewegliche und starre Vogelscheuchen, Flatterbänder und vieles mehr haben zu keinem nachhaltigen Erfolg geführt. Selbst wenn ein Vogelschwarm vertrieben wird, vermehrt er sich dennoch weiter und trifft umso massiver andere Landwirte. Wir würden sehr begrüßen, wenn Vergrämungsmaßnahmen tatsächlich Wirkung zeigen würden. Es wäre viel einfacher für die Bauern und Winzer, wir müssten keine öffentlichen Diskussionen führen, keine Anträge stellen, keine Gebühren und Jagdkosten bezahlen. Glauben Sie mir, wenn es erfolgreiche Alternativen zu einer Bejagung gäbe, würden wir sie direkt umsetzen.

RBZ: Können Krähen in Rheinland-Pfalz bejagt werden?
BWV: Laut Landesjagdgesetz und Landesjagdverordnung genießt die Rabenkrähe in Deutschland vom 21. Februar bis 31. Juli Schonzeit, also genau in der Zeit, in der sehr viel Saatgut auf den landwirtschaftlichen Flächen zu finden ist. Sie darf also vom 1. August bis zum 20. Februar bejagt werden. Aber auch eine Bejagung in der Schonzeit ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Abwendung erheblicher Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen ist ein solcher Grund. Die Bejagung in der Schonzeit ist natürlich genehmigungspflichtig. Ich rate zu einer frühzeitigen Kontaktaufnahme mit der Unteren Jagdbehörde, um bei massivem Auftreten schnell handeln zu können. Ernteverluste führen teilweisen zu hohen Einkommenseinbußen. Ohne Abschussgenehmigungen müssen die Landwirte für die Krähenschäden zumindest entschädigt werden. Saatkrähen dürfen hingegen nicht bejagt werden, obwohl der Bestand europaweit als gesichert eingestuft ist. Kein Wunder bei europaweit geschätzten 10 Millionen Brutpaaren. Hier fordert der BWV eine Herabstufung des Schutzstatus zumindest auf das Niveau der Rabenkrähe.

RBZ: Wo kann man Krähenbefälle melden?
BWV: Es gibt den ISIP e.V. (Informationssystem für die integrierte Pflanzenproduktion), dort sind auch das Land Rheinland-Pfalz und die Landwirtschaftskammer Mitglied. Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen können und sollten dort gemeldet werden. Über das ISIP werden auch Handlungsempfehlungen mitgeteilt. Nehmen die Befälle zu, stellt das ISIP auch eine Art Warnsystem dar, sodass sowohl Politik als auch Beratung auf bedrohliche Entwicklungen reagieren können.

RBZ: Bitte erläutern Sie die Forderungen des Bauern- und Winzerverbandes
BWV: Wenn die Schutzbemühungen im Natur- und Artenschutz dazu führen, dass bestimmte Arten zum Problem werden und Widerstände provozieren, ist ein regulierender Eingriff nicht nur im landwirtschaftlichen, sondern auch im öffentlichen Interesse unumgänglich. Hierfür bedarf es aber entsprechender Anpassungen im Naturschutzrecht. Alternative Maßnahmen haben nicht zum Erfolg geführt und dürfen daher dem Antrag auf Entnahme von Tieren nicht weiter vorgeschaltet werden. Wir fordern die Landesregierung auf, die Krähenpopulationen intensiv zu beobachten und in Regionen mit hohen Rabenkrähenbeständen Abschussgenehmigungen unbürokratisch und vor allem schnell zu erteilen. Das trifft für landwirtschaftliche Kulturen, Gewächshäuser, Fahrsilos, Siloballen und Bewässerungseinrichtungen sowohl bei Aussaat und Pflanzung bis zu den erntereifen Früchten zu. Alternativ muss der Schaden der landwirtschaftlichen Betriebe vollumfänglich erstattet werden. Außerdem fordern wir die Landesregierung auf, sich gegenüber dem Bund für eine Abstufung des Schutzstatus für Saatkrähen auch auf EU-Ebene einzusetzen, damit diese Vögel bei entsprechender Genehmigung bejagt werden dürfen. Die mögliche Genehmigung der Entnahme einzelner Tiere ist nicht ausreichend. Sie verhindert gravierende landwirtschaftliche Schäden nicht. Der Bestand der Saatkrähe ist längst nicht mehr gefährdet und ihr sehr hoher Schutzstatus gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz daher nicht mehr zeitgemäß.