Rheinland-Pfalz. Nach einem ungewöhnlich warmen und trockenen Frühjahr hat sich die Wetterlage gebessert, allerdings mit großen regionalen Unterschieden. Die Ernte 2025 fällt entsprechend heterogen aus. Insgesamt zeigte sich der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV), Marco Weber, erfreut über Mengen und Qualitäten der diesjährigen Getreide- und Rapsernte. Die Preise seien hingegen viel zu niedrig und würden nicht immer die Kosten decken, die ein Betrieb zu tragen habe. Während der Erntepressekonferenz beim Handelsunternehmen „Ewald Gillig GmbH“ in Antweiler erläuterte der Bauern- und Winzerpräsident die zu erwartenden Ergebnisse der Ernte 2025 im nördlichen Rheinland-Pfalz.
Winterweizen bleibe mit rund 100.000 Hektar die wichtigste Marktfrucht in Rheinland-Pfalz. Die Ertragsspanne reiche je nach Boden und Niederschlagsverteilung von mäßig bis sehr gut. Besonders die Kornfüllphase habe vom frühen Sommerregen profitiert. Die Qualität sei weitgehend in Ordnung. Wintergerste zeige sich insgesamt ertragreich, so Weber, begünstigt durch Winterfeuchte und sonnige Bedingungen zur Reife. Die Qualitäten seien gut, der Markt jedoch angespannt. Sommergerste leide unter der Frühjahrstrockenheit. Trotz verbesserter Kornausbildung seien die Bestände insgesamt dünn. Die Ernte bleibe unter ihrem Potenzial, die Preise stagnierten zudem auf zu niedrigem Niveau. Raps profitiere von einem gesunden Pflanzenbestand und zeige sich mit hohen Ölgehalten, guter Standfestigkeit und wenig Schädlingsbefall von seiner besten Seite, ist Weber erfreut. Die Erträge seien mit teilweise über vier Tonnen pro Hektar erfreulich.
Im Grünland sei der erste Silageschnitt ergiebig ausgefallen, spätere Schnitte hätten unter der Trockenheit gelitten, verdeutlichte Weber. „Heu konnte bei idealem Wetter geerntet werden – sowohl Menge als auch Qualität stimmen. Für Wiederkäuer wird im kommenden Winter ausreichend Futter zur Verfügung stehen.“
Obst: Gute Qualitäten und Preise – eine vielversprechende Saison
Freude bereite in diesem Jahr bisher auch der Obstbau, machte der Bauernpräsident deutlich. Äpfel zeigten sich in hervorragender Qualität. Viele Blüten, wenig Krankheitsdruck und die rechtzeitigen Niederschläge hätten für vitale Bestände gesorgt. Zudem würden massive Ernteausfälle aufgrund von Frühjahrsfrösten im Hauptanbauland Polen die europäische Konkurrenz entlasten. In der EU würden 2025 nur 11 statt der üblichen 14 Millionen Tonnen Äpfel erwartet. Süßkirschen überzeugten durch hohe Qualitäten und stabile Marktpreise – auch aufgrund von Ernteausfällen in anderen Ländern. Die Trockenheit reduziere zudem den Insektendruck, was zu Kosteneinsparungen im Pflanzenschutz geführt habe. „Zwetschgen versprechen durch guten Fruchtansatz eine starke Versorgung“, so Weber. Erdbeeren würden von der trockenen Witterung profitieren, die die Qualitäten verbessere und den Pflanzenschutzaufwand reduziere. Auch geschützter Anbau beweise sich als zuverlässig – so könnten bis in den Herbst hinein beste Qualitäten geerntet werden. Allerdings zeige sich auch, dass die Nachfrage wegen der gestiegenen Preise eher zurückhaltend sei und sich dies ebenfalls auf die Anbaufläche bei Erdbeeren, die tendenziell sinke, auswirke.
Die Politik sollte den ländlichen Raum unterstützen
Deutliche Worte und klare Forderungen prägten die agrarpolitische Standortbestimmung zur Ernte 2025. BWV-Präsident Marco Weber betont: „Alle unsere landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betriebe benötigen faire Wettbewerbsbedingungen und auskömmliche Erzeugerpreise. Die politische Richtung muss sich ändern, um den Strukturwandel nicht weiter zu beschleunigen. Ein positives Signal kommt von der neuen Bundesregierung: Die Agrardieselrückvergütung wird ab 2026 wieder eingeführt. Damit die Regierung ihren Bauern wieder deren Position gegenüber den Berufskollegen anderer EU-Staaten stärkt.“
Große Sorge bereite Weber die geplante Anhebung des Mindestlohns bis 2027. Gerade für Sonderkulturbetriebe im Wein-, Obst- oder Gemüsebau seien Lohnsteigerungen nicht tragbar. Angesichts deutlich niedrigerer Mindestlöhne in anderen EU-Ländern fordert der BWV eine differenzierte Lösung für Saisonarbeitsplätze.
Die Politik müsse, laut Weber, den Schutz landwirtschaftlicher Flächen vor produktionsfremden Nutzungen deutlich verbessern. Die Ausweisung von Freiflächen-Photovoltaik-Flächen sowie die Grünlandkartierung würden die Flächenkonkurrenz in der Landwirtschaft deutlich verschärfen. Einerseits würden Biogasanlagen wegen mangelnder staatlicher Unterstützung aufgegeben und andererseits würden Flächen für Photovoltaikanlagen ausgewiesen, was negative Auswirkung auf den Pacht- und Grundstücksmarkt habe. Die landwirtschaftlichen Flächen müssten geschützt werden, um den nachfolgenden Generationen eine Chance zu geben. Bereits heute führe der Flächenverlust zu massiven Pachtpreissteigerungen und damit einer deutlichen Erhöhung der Produktionskosten. Das müsse beendet werden.
EU-Fördermittel: Kürzungen wären fatal
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) stelle mit Milliardenbeträgen einen zentralen Pfeiler der landwirtschaftlichen Förderung dar. Eine Reduzierung der Mittel nach 2027 würde nach Einschätzung des BWV-Präsidenten die Selbstversorgung schwächen und ländliche Räume destabilisieren. Planungssicherheit sei dringend notwendig, um Investitionen und junge Betriebsnachfolger zu sichern. Daher sei ein festes Agrarbudget der EU notwendig. Die Botschaft der Landwirte ist deutlich: „Wir wollen wirtschaftlich arbeiten können – nicht am Rand der Rentabilität oder unter Dauerregulierung.“ Der Verband fordert gezielte Entlastung bei Lohnkosten, eine Entbürokratisierung der Verwaltung, eine praxisnahe Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und langfristig sichere EU-Förderbedingungen. Nur so könne die regionale Produktion erhalten und die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln und pflanzlichen Rohstoffen – vor allem in Krisenzeiten – gewährleistet bleiben.
BWV-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachausschusses Pflanzliche Erzeugung und Erneuerbare Energien, Harald Schneider, kritisierte die fehlende Verursacherorientierung bei gesetzlich angeordneten Maßnahmen im Bereich der Düngeverordnung: „Die Betriebe in den sogenannten Roten Gebieten können kaum mehr Backweizen produzieren, während gleichzeitig Getreide aus Staaten, wie beispielsweise Ägypten, importiert wird, die das Getreide eigentlich selbst benötigen.“ Die Politik müsse sich endlich den landwirtschaftlichen Themen annehmen. Nun stehe die Pflanzenkrankheit Stolbur vor unseren Toren und die Landwirtschaft müsse sich mit Notfallzulassungen für notwendige Pflanzenschutzmittel auseinandersetzen, anstatt schnell und sachgerecht auf den jeweiligen Krankheitsdruck reagieren zu können. Das sei indiskutabel. Zulassungen für Pflanzenschutzmittel in der EU müssten ohne Ausnahme auch in Deutschland gelten. Auch die Zukunft der Bioenergie müsse endlich gesichert werden. Nahe EU-Staaten, wie Polen oder Italien, würden ihre Biogasbetriebe unterstützen, während in Deutschland ca. 10.000 Biogasanlagen mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet würden. Es müsse in der Politik endlich perspektivischer geplant und entschieden werden.
Der Geschäftsführer der Ewald Gillig GmbH, Peter Gillig, zeigte sich stolz über sein Unternehmen, denn die Mühle sei bereits 1686 gegründet worden und 1892 in den Besitz der Familie Gillig übergegangen. Seither habe das Unternehmen mehrere Standbeine aufgebaut und sei ein wesentlicher Vermarkter landwirtschaftlicher Produkte im nördlichen Rheinland-Pfalz und im südlichen Nordrhein-Westfalen. Seit der Ahrflut-Katastrophe 2021 hätte seine Familie viel investiert, um den Standort zu erhalten. Vor allem die Bürokratie verzögere nun eine zügige Wiederherstellung des gesamten Standortes. Präsident Marco Weber dankte Peter Gillig und seinem Vater Ewald Gillig, dass sie ihr Unternehmen als Gastgeber für die BWV-Pressekonferenz zur Verfügung stellten.