© Dr. Hubert Sprich

Ab Juli gelten strengere Höchstwerte für Mykotoxine bei Getreide

Am 1. Juli 2024 treten in der EU neue bzw. abgesenkte Höchstgehalte für die Mykotoxine Deoxynivalenol (DON) sowie für T-2 und HT-2 in Kraft. Damit die neuen strengeren Werte eingehalten werden können, müssen beim Getreideanbau Maßnahmen zur Vermeidung einer Fusariuminfektion ergriffen werden. Bei Regen in der Getreideblüte ist eine Fusariumbehandlung sinnvoll.

Für unverarbeitetes Getreide und Körnermais werden die Höchstwerte für Deoxynivalenol (DON) ab dem 1. Juli 2024 um 250 μg/kg gesenkt (Tabelle), lediglich bei Hafer bleiben die DON-Höchstwerte mit 1.750 μg/kg konstant. Die Höchstwerte bei Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste wurde auf 1.000 μg/kg und bei Durum und Mais auf 1.500 μg/kg gesenkt. Zusätzlich treten ab dem 1. Juli 2024 erstmals gesetzliche Höchstwerte für die Fusariumtoxine T-2 und HT-2 in Kraft. T-2 und HT-2 werden hauptsächlich von Fusarienpilzen der Arten Fusarium langsethiae und Fusarium sporotrichioides produziert. Bisher gab es für T-2 und HT-2-Toxine lediglich Orientierungswerte. Damit wird die Vermeidung einer Fusariuminfektion im Getreideanbau noch wichtiger. Entscheidend sind alle Maßnahmen, die eine Infektion vorbeugen und reduzieren: von der Sortenwahl über die Bodenbearbeitung, die Fruchtfolge, die Düngung, den Pflanzenschutz bis zum Erntezeitpunkt.

Insbesondere Durum und Weizen werden häufig bei Niederschlägen in der Blüte von Fusarienpilzen befallen und können, sofern die Höchstgehalte bei Fusarientoxinen überschritten werden, nicht zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Dinkel, Roggen und Gerste sind weniger anfällig, sie können aber auch befallen werden. Sollte die unbeständige Witterung während der Blüte anhalten, muss mit einem hohen Fusarien-Risiko gerechnet werden. Dann sollte eine Fusariumbehandlung eingeplant werden.

Frühe Weizensorten wie Obivan, RGT Volupto, Complice, Rubisko und Winner haben in warmen Lagen in der Südpfalz und am Rhein bereits Anfang Mai mit dem Ährenschieben begonnen. In kühleren Lagen sowie bei späteren Sorten wird die Ähre in Kürze erscheinen. Die Infektion geht meist von Fusariumsporen aus, die von Ernterückständen mit dem Wind auf die Ähre gelangen und dort bei Temperaturen von über 16 °C und einer Blattnässe von etwa 24 Stunden die Ährchen infizieren. Von den Ährchen kann der Pilz in die Ährenspindel wandern und weitere Ährchen infizieren. Außerdem kann es zu Kontaktinfektionen vom Fahnenblatt auf die Ähre bzw. von befallenen Ähren auf Nachbarähren kommen.

Eine Fusariuminfektion wird nach etwa 3 Wochen durch ein Aufhellen und rötliche Verfärbung der befallenen Ährchen sichtbar. Dringt der Pilz bis in die Spindel vor, wird die Nährstoffzufuhr des darüberliegenden Teils der Ähre unterbrochen was zum typischen Ausbleichen des oberen Ährenteiles (Partielle Weißährigkeit) und zur Bildung von Schmachtkörnern führt.

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Der ideale Zeitpunkt für eine Fusariumbehandlung ist, wenn die Staubbeutel in der Mitte der Ähren zu beobachten sind. Durum zeigt eine besonders hohe Anfälligkeit. © Dr. Hubert Sprich

Infektionswetter beobachten und rechtzeitig behandeln
Hält die unbeständige Witterung an, sollte eine Behandlung mit einem gegen Fusarium zugelassenen Fungizid in der Getreideblüte erfolgen. Dies gilt besonders bei anfälligen Sorten, in Maisfruchtfolgen und bei reduzierter Bodenbearbeitung. Entscheidend für den Erfolg ist eine infektionsnahe Behandlung im Zeitraum von 2 Tagen vor bis 4 Tage nach einem Niederschlag während der Getreideblüte. Da die Blüte meist nicht gleichzeitig auf dem gesamten Schlag einsetzt, hat es sich bewährt, eine Fusariumbehandlung dann durchzuführen, wenn kurz nach dem Ährenschieben Niederschläge fallen und Temperaturen von über 16°C gemessen werden.

Fusarium-Fungizide haben eine Nebenwirkung gegen Mutterkorn
Aus Laborversuchen ist bekannt, das Triazole wie Metconazol (z.B. Plexeo, Caramba), Prothioconazol (z.B. Bolt, Proline, Curbatur) und Tebuconazol (z.B. Folicur) nicht nur eine gute Wirkung gegen Fusariumpilze haben, sondern auch das Wachstum des Mutterkornpilzes weitgehend stoppen. Bei einer Fusariumbehandlung mit diesen Wirkstoffen in der Blüte ist daher auch eine Nebenwirkung gegen Mutterkornbefall zu erwarten. Mutterkorn befällt zwar in erster Linie Fremdbefruchter wie Roggen kann aber bei der aktuell feucht-kühlen Witterung und einer damit langen Getreideblüte auch Selbstbefruchter wie Weizen infizieren. Für unverarbeitetem Weizen gilt nach der EU- Verordnung (EG) Nr. 1881/200 für Mutterkorn-Sklerotien ein Höchstgehalt von 0,2 g/kg.

Dr. Hubert Sprich, Cornexo

Praxis-Tipp: Der ideale Zeitpunkt für eine Fusariumbehandlung in Durum und Weizen ist, wenn bei den Haupttrieben die Staubbeutel in der Mitte der Ähren zu beobachten sind. Für einen ausreichenden Wirkungserfolg sollte die empfohlene Fungizidaufwandmenge eingehalten werden.

Neue gesetzliche Höchstgehalte für die Fusarietoxine DON, T-2 und HT-2  in unverarbeitetem Getreide ab dem 1. Juli 2024

 Erzeugnis

DON (μg/kg)


bis 30 Juni 2024

DON (μg/kg)


ab 1. Juli 2024

Summe T-2 und HT-2 (μg/kg)

ab 1. Juli 2024

 Unverarbeiteter Weizen, Dinkel und Roggen

1.250

1.000

50

 Unverarbeiteter Durum und Mais

1.750

1.500

100

 Unverarbeitete Gerste (außer Braugerste)

1.250

1.000

150

 Unverarbeiteter Hafer incl. Spelzen

1.750

1.750

1.250

 Unverarbeitete Braugerste

1.250

1.000

200