Grußwort zum Erntedankfest

Liebe Bauern und Winzer, liebe Landfrauen und Landjugendliche,

Erntedankfest – Zeit zum Innehalten und Reflektieren. Was haben wir erreicht, was erlebt in diesem Jahr?

Nach einem nassen Winter und Frühling folgte eine Hitzeperiode. Rheinland-Pfalz blieb zwar von Waldbränden verschont, aber mit steigenden Temperaturen stiegen auch die Sorgen um die Ernte. Die Getreideernte gestaltete sich nach anfänglich gutem Start in den Frühdruschgebieten schwierig. Während der Haupternte fehlten die trockenen Tage. Starkregenfälle führten regional zu Lagergetreide, das nicht einmal als Futter verwertbar war. Dieses Getreide konnte schließlich nur noch energetisch verwertet werden. Dem Mais und den Zuckerrüben hingegen tat die Feuchtigkeit gut. Die später im Jahr zu erntenden Ackerkulturen stehen insgesamt gut da. Das feuchte Frühjahr hat die Grundfutterversorgung gesichert, wenngleich die Sommertrockenheit den Tierhaltern große Sorgen machte. Ein zweiter Schnitt war in der Regel zeitnah nicht möglich. Erst im späteren Sommer konnten weiteres Futter eingefahren und Reserven aufgebaut werden.

Sorge bereitete der viele Regen auch den Winzern, deren Trauben im Frühjahr vieler Behandlungen bedurften. Bei der Lese der frühen Rebsorten zeigte sich örtlich starker Oidium-Befall. In einigen Regionen war von „Notlese“ die Rede. Trotzdem sind die Winzer zuversichtlich, dass es ein qualitativ und quantitativ guter Weinjahrgang werden kann. Die Schutzgemeinschaften der Weinanbaugebiete Mosel und Nahe haben einen Antrag auf Reduzierung der Mindestmostgehalte gestellt, damit die Winzer u. a. den Dornfelder lesen können, bevor die Kirschessigfliege und Pilzkrankheiten das Lesegut schädigen und den Ertrag schmälern.

Landwirtschaft und Weinbau müssen also auch in diesem Jahr wieder unterschiedlichste Herausforderungen meistern, die durch das Wetter und Klimaveränderungen verursacht wurden. Wenn es nötig war, haben sich die Landwirte gegenseitig geholfen. Das wird aber immer schwieriger, da durch langanhaltende Großwetterlagen die Abfolge der kritischen Wetterereignisse über große Gebiete hinweg zunimmt. Aber auch regionale Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf. Der Hagel, der jüngst Weinreben und Trauben rund um Worms geschädigt hat, ist ein Beispiel dafür, dass plötzlich die Arbeit eines ganzen Jahres vernichtet werden kann.

Von größeren Katastrophen ist das nördliche Rheinland-Pfalz in diesem Jahr verschont geblieben. Es gibt aber niemanden, der bei der Ankündigung von Starkregen oder bei den aktuellen Bildern aus Libyen oder Slowenien nicht an die Ereignisse von vor zwei Jahren an der Ahr und in der Eifel denkt. Das Wetter ist nicht beherrschbar. Deshalb sind wir erleichtert, wenn wir „verschont“ bleiben und das Wetter kein Unglück und Leid verursacht, sondern unsere Arbeit unterstützt und Ernte, Ertrag und die Erzeugung gesunder Lebensmittel ermöglicht. Dafür sind wir dankbar.

Wir stellen uns unserer verantwortungsvollen Aufgabe und unserem Wunsch, die Menschen im Land mit gesunden, guten Nahrungsmitteln und erneuerbaren Energien zu versorgen. Unser Einsatz für unsere Betriebe, unsere Familien und die gesamte Gesellschaft kostet uns viel Kraft und verlangt viel Engagement, da wir immer wieder neue und strenge Bedingungen und Auflagen erfüllen müssen. Gerade die Auflagen beschneiden aufgrund nationaler Alleingänge unsere Wettbewerbsfähigkeit auf den europäischen und weltweiten Märkten. Mit Sorge erleben die Viehhalter schwindende Strukturen, wie schließende regionale Schlachthöfe oder einen zunehmenden Mangel an Großtierärzten. All dies erschwert und verteuert die Erzeugung unserer Produkte. Hinzu kommt die Sorge, wie wir zukünftig die Wasserversorgung und somit das Ertragsniveau unserer Kulturen sichern. Darüber hinaus müssen wir die Düngeverordnung einhalten und das Damoklesschwert eines großräumigen Einsatzverbots von Pflanzenschutzmitteln schwebt über uns.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau kämpft ununterbrochen auf allen politischen Ebenen für unsere Zukunft und für verlässliche Rahmenbedingungen. Politische Zusagen haben oft kurze Halbwertszeiten. Das gilt insbesondere für die Agrarpolitik des Bundes. Die geplanten Kürzungen bei der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) sind ein Verstoß gegen die Verlässlichkeit, denn durch die Kürzungen können in den Bundesländern nicht mehr alle EU-Mittel abgerufen werden – Mittel, die uns versprochen und zugeteilt wurden. Einmal mehr zeigt sich, dass hier nicht zu Ende gedacht wird. Deutschland ist Nettozahler und müsste im eigenen Interesse so viel Geld wie möglich über die Nutzung von EU-Programmen wieder ins Land zurückholen. Wer das nicht tut, vergeht sich am Steuerzahler.

Der Bauern- und Winzerverband ist ständig im Gespräch mit den politischen Entscheidungsträgern im Land, beim Bund und in Brüssel, um das Schlimmste zu verhindern, so z. B. ein Überhandnehmen des Wolfs, der viel Schaden bei unseren Tierhaltern anrichtet.

Ziel unserer Verbandsarbeit ist seit nun 75 Jahren, Sie alle bei den Bemühungen um ein auskömmliches Einkommen zu unterstützen. Vieles verändert sich um uns herum – rechtliche Auflagen, Märkte, Preise, das Klima, das Verbraucherdenken, die Demografie, die Digitalisierung, die Anforderungen an Energieerzeugung und -verbrauch, die Möglichkeiten der Technik und die finanzielle Ausstattung des EU-Haushalts für die Gemeinsame Agrarpolitik. Die Herausforderungen und Erwartungen steigen, die Bedingungen werden aktuell nicht besser. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau wird sich bei politischen und fachlichen Gesprächen weiter für die berechtigten Anliegen der Bauern- und Winzerfamilien einsetzen. Ich danke allen, die den Verband mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit hierbei unterstützen.

Auch wenn noch nicht alle Früchte der Arbeit geerntet oder gelesen sind, gilt es jetzt zu danken, kurz durchzuatmen und mit neuer Kraft die verbleibenden Monate dieses Jahres anzugehen. Dabei wünsche ich uns allen viel Erfolg und Freude.

Ökonomierat Michael Horper

Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau