Unebenheiten von Gemeindestraßen

Fahrzeugführer haftet selbst für Schäden an tiefergelegtem Auto

Koblenz. Kommunen haben häufig nicht die ausreichenden finanziellen Mittel, um ihre Wege, auch Wirtschaftswege, so auszubauen und instandzuhalten, dass jegliche Gefahren für die Benutzer ausgeschlossen sind. Schnell stellt sich daher die Frage, welche Anforderung an die Verkehrssicherungspflicht eines Straßenbaulastträgers – in der Regel an die Gemeinde – zu stellen sind und welche Vorkehrungen berechtigte Benutzer, also Fahrzeugführer und Radfahrer selbst treffen müssen, um Schäden für sich und das jeweilige Fahrzeug zu vermeiden. Ist einmal ein Schaden entstanden, so führt dieser häufig zu Auseinandersetzungen, die schnell auch vor Gericht landen. Denn aufgetretene Schäden werden nicht immer kritiklos von der Gemeinde oder ihrem Versicherer übernommen und die Rechtsprechung ist unüberschaubar, kommt es doch immer auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls an. In diesem Spannungsfeld hat das Oberlandesgericht (OLG) in Koblenz kürzlich festgestellt, dass eine Gemeinde nicht für Schäden haftet, die ein Fahrzeugführer erleidet, der mit einem serienmäßigen tiefergelegten Sportfahrzeug eine erkennbar gefahrträchtige Straße befährt.

In dem beim OLG Koblenz anhängigen Fall hatte ein Fahrzeugführer eine innerörtliche Seitenstraße befahren, die erkennbar uneben war und auch ein seitliches Gefälle aufwies. Das Fahrzeug setzte auf. Die Schäden an seinem Ferrari betrugen rund 60.000 Euro, die er nunmehr von der Gemeinde erstattet haben wollte. Zu Unrecht, wie das OLG in Koblenz meinte und seine Rechtsauffassung in einem Hinweisbeschluss dargelegte. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Verkehrssicherungspflicht eine allgemeine Rechtspflicht sei, die diejenigen, die Gefährdungsquellen für andere schaffen, verpflichtet, notwendige Schutzvorkehrungen zu treffen. Damit sind Maßnahmen gemeint, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig erachtet, um Schäden zu vermeiden. Dabei müssen einerseits die berechtigten Erwartungen eines regulären Nutzers und anderseits die wirtschaftlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen beim Sicherungspflichtigen berücksichtigt werden.

Bei der Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht von Wegen ist nach Ansicht des Gerichts zunächst der Verkehrsweg mit seiner Lage und seinem Umfeld sowie seiner Verkehrsbedeutung maßgeblich. Je nach Bestimmung eines Weges bestehen also verschiedene Verkehrssicherungspflichten, was beispielsweise eine unterschiedliche Bewertung von Wirtschaftswegen und viel befahrenen überregionalen Straßen rechtfertigt. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass sich ein Nutzer auf erkennbare Gefahren einstellen und Schäden durch eine gebotene Aufmerksamkeit selbst abwenden muss.

Im Gegensatz dazu muss der Verkehrssicherungspflichtige nur diejenigen Gefahren ausräumen und gegebenenfalls davor warnen, die für einen berechtigten und besonnenen Nutzer gerade nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die sich dieser auch nicht einzurichten vermag. Gefahrenstellen, die ein sorgfältiger Kraftfahrer jedoch erkennen kann, führen dagegen nicht zu einer gesteigerten Hinweispflicht. Im Falle des beschädigten Ferraris heißt dies, dass der Fahrzeugführer risikoerhöhende Umstände, wie die serienmäßige Tieferlegung seines Fahrzeuges, und die dadurch bedingte Besonderheit, dass eine geringere Bodenfreiheit vorhanden ist, die ein Aufsetzen begünstigt, zu bedenken hat und entsprechend aufmerksam und vorsichtig sein muss. Dies gilt gerade bei Straßen mit erkennbar schlechtem Ausbauzustand. In solchen Fällen muss der Fahrzeugführer dafür Sorge tragen, ob und wie er die Straße befährt. Angesichts der offensichtlich schlechten Fahrbahnbeschaffenheit muss er sein Fahrverhalten darauf ausrichten. Tut er dies nicht, so ist sein Mitverschulden so gravierend, dass er Schäden gegenüber dem Straßenbaulastträger nicht mehr geltend machen kann. Wenn er feststellt, dass die geringe Bodenfreiheit schon bei relativ unbedeutenden Fahrbahnunebenheiten eine Gefährdung darstellen kann, muss er die Fahrbahn meiden. Auch das Argument des Fahrzeugführers, er sei mit einem Fahrzeug gefahren, welches serienmäßig zum Straßenverkehr zugelassen sei, verfing nicht. Denn die Richter des OLG Koblenz stellten fest, dass die Zulassung eines Sportfahrzeuges nicht automatisch bedeutet, dass alle öffentlichen Straßen gefahrlos benutzt werden können.

In Anbetracht der eindeutigen geäußerten Rechtsauffassung des OLG Koblenz hat der Betroffene sein Rechtsmittel zurückgenommen und seinen Schadensersatzanspruch nicht weiter verfolgt.

Beschluss des Oberlandesgerichtes Koblenz vom 07.12.2021, Az.: 12 U 1012/21