Koblenz. Im Rahmen ihrer Antrittsbesuche bei den Landesbauernverbänden war die neue Generalsekretärin des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Stefanie Sabet, zu Gast beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau (BWV). Der Austausch im Rahmen der Reihe „60 Minuten Bericht aus Berlin“ mit Mitgliedern, Fachexperten und Kreisgeschäftsführern des Verbandes stand ganz im Zeichen zentraler agrarpolitischer Herausforderungen. Bei einer Online-Diskussionsrunde stellte sich Sabet gemeinsam mit BWV-Präsident Marco Weber den Fragen der Teilnehmer. Jedes Mitglied des BWV hatte die Möglichkeit hieran teilzunehmen. Im Mittelpunkt standen die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), der Umgang mit Naturschutzauflagen insbesondere im Grünland sowie der Schutz landwirtschaftlicher Flächen. Darüber hinaus betonte Sabet, dass im DBV auch Themen wie moderne Verbandsstrukturen und eine stärkere Kommunikation mit Mitgliedern und Öffentlichkeit weiter vorangetrieben werden sollen.
Sabet machte deutlich, dass sie den aktuellen 10-Punkte-Plan des DBV abarbeiten wolle. Die Ausweitung der Zeitgrenzen für Saisonarbeitsgrenzen auf 90 Tage, die Wiedereinführung der Agrardieselrückvergütung, die Abschaffung der Stoffstrombilanzierung und die Feststellung des günstigen Erhaltungszustands des Wolfs seien die aktuellen Erfolge. Sie werde sich weiter für eine Sonderregelung für den Mindestlohn in der Landwirtschaft einsetzen. Die deutschen Versorgungsketten dürften nicht unterbrochen werden. Das würde sich in Krisenzeiten bitter rächen. Die Generalsekretärin kritisierte Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer, das Förderprogramm zum Umbau von Schweineställen vorzeitig stoppen zu wollen. Die der Entscheidung zugrunde liegende fehlende Nachfrage aus der Landwirtschaft, liege an Fehlern im System, nicht am Willen der Bäuerinnen und Bauern. In den Höhenlagen Deutschlands sei gerade die Milchviehhaltung von großer Bedeutung. Daher müsse auch die Düngeverordnung überarbeitet und verursachergerechter ausgestaltet werden.
Der Flächenverbrauch sei ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit, teilte Sabet während der Diskussion mit. Dabei seien vor allem Freiflächen-PV-Anlagen, die den Druck auf landwirtschaftliche Flächen deutlich verschärfen würden, zu kritisieren und einzuschränken.
Auf europäischer Ebene sei die anstehende nächste Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik ein zentraler Teil ihrer Arbeit. So müsse das Agrarbudget angehoben und dafür Sorge getragen werden, dass die Mittel die Landwirtschaft auch erreichen würden. Der DBV, allen voran Präsident Joachim Rukwied, führe intensive Gespräche mit Minister Rainer und EU-Parlamentariern. Es stimme sie zuversichtlich, dass die Agrarminister der EU die Säulenstruktur der Agrarfinanzierung beibehalten wollten. Bei der Finanzierung der ersten Hektare müsse es eine Anhebung der Mittel geben. Eine Degression oder gar Kappung werde es mit ihr dennoch nicht gegen.
Ein weiterer Themenschwerpunkt der Diskussion befasste sich mit dem Umgang mit Grünlandflächen. Diskussionsteilnehmer kritisierten vor allem die zu geringen Vergütungssätze und die starren Zeitrahmen. Sabet setzt dabei verstärkt auf einen kooperativen Ansatz. Gerade gesetzliche Regelungen, wie das Naturwiederherstellungsgesetz (NRL) und die damit einhergehenden Auflagen widersprächen freiwilligen Kooperationen. Naturschutz gehe nur gemeinsam mit den Bauern.
Der “Bau-Turbo“ wurde ebenfalls diskutiert. Diesen kritisierte neben Sabet auch BWV-Präsident Marco Weber. Weber begrüßte zwar, dass von 12 ausgewiesenen „Turbo-Regionen“ in Rheinland-Pfalz nur zwei in den nördlichen Landesteilen lägen, dennoch müsse ein Flächenbrand verhindert und gerade der Flächenschutz verstärkt in den Fokus der verbandlichen Arbeit auf Bundes- und Landesebene gestellt werden.
Generalsekretärin Stefanie Sabet und BWV-Präsident Marco Weber diskutierten mit den Teilnehmern noch weitere wichtige agrarpolitische Themen. Alle Beteiligten freuten sich über die mitgliedernahe Kommunikation mit der Spitzenvertreterin des Deutschen Bauernverbandes und über ihre Bereisung aller deutschen Regionen. Im Anschluss an die Diskussionsrunde besuchte Sabet noch einen Weinbaubetrieb an der Mosel und führte ein Interview mit dem Chefredakteur der Rheinzeitung.