Koblenz. Der Verbandsrat des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland Nassau (BWV) diskutierte unter der Leitung von Präsident Marco Weber über die anstehenden Änderungen des rheinland-pfälzischen Landesnaturschutzgesetzes. Im Fokus stand dabei das Projekt „Naturschutzstationen“. Nach dem Willen des Umweltministeriums sollen nach und nach Modellstationen entstehen. Vera Schmidt, Leiterin der Abteilung Naturschutz und nachhaltige Entwicklung im Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Umwelt und Energie (MKUEM) stand den Delegierten Rede und Antwort.
Zu Beginn erklärte Weber, dass der Verband ein Musterverfahren eines Mitglieds aus dem Raum Bitburg gegen die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier gewonnen habe. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz habe der IHK-Beitragspflicht von Landwirten für PV-Anlagen eine Absage erteilt. Die Entscheidung betrifft nicht nur einen Einzelfall, sondern hat über die rund 40 in Rheinland-Pfalz ruhenden ähnlichen Verfahren auch eine bundesweite Bedeutung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In einem Schreiben an Umweltministerin Katrin Eder habe Weber auf die dramatische Struktur der Schlachthöfe in Rheinland-Pfalz hingewiesen. Auch der BWV-Fachausschuss „Tierische Produktion“ habe unter dem Vorsitz von BWV-Vizepräsident Stefan Fiedler bereits auf die desolate Situation in diesem Bereich hingewiesen. Darüber hinaus sei die Lage bei der Tierkörperbeseitigung äußerst kritisch. So würden tote Tiere teilweise über eine Woche nicht abgeholt werden. Das sei gerade im Sommer eine unhaltbare Situation, so dass sich der BWV noch einmal an den Träger der Tierkörperbeseitigung gewandt und schnelle Abhilfe gefordert hat.
Ein weiterer Schwerpunkt der Verbandsarbeit sei weiterhin der überbordende Flächenverbrauch. So habe Weber gemeinsam mit den Vizepräsidenten Fiedler und Harald Schneider das Gespräch mit Bischof Stefan Ackermann gesucht, um ihm die Betroffenheit des landwirtschaftlichen Berufsstandes bezüglich des Flächenverbrauchs durch den Ausbau von Photovoltaikanlagen darzulegen.
Der Bauern- und Winzerverband spreche sich konsequent für die konventionelle Bewirtschaftung in Naturschutzgebieten aus. Darunter falle vor allem die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM). Landwirte im Bereich des Laacher Sees hätten während einer Veranstaltung ihrem Unmut über die Restriktionen in Naturschutzgebieten geäußert. Es sei deutlich geworden, so der Bauernpräsident, dass ein effektiver Naturschutz nur mit der Landwirtschaft funktionieren könne. Schließlich hätten gerade am Laacher See 40 Landwirte dazu beigetragen, die biologische Vielfalt zu erhalten. Die Umweltverwaltung werde aufgefordert, dringend Ausnahmen vom PSM-Ausbringungsverbot zu ermöglichen.
Bindeglied zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen
Des Weiteren erklärte Weber, dass der Kreisvorstand des Bauern- und Winzerverbandes in Daun einstimmig beschlossen habe, dass sich die Landwirtschaft gemeinsam mit den Kommunen und Naturschutzverbänden an der Modell-Naturschutzstation Nord im Kreis Daun einbringen werde. Es sei das Ziel des Berufsstands, die Arbeit der Naturschutzstationen kennenzulernen und ihre Möglichkeiten zu nutzen. Das Zusammenspiel zwischen Landwirtschaft, Kommunen und Naturschutz sei durchaus interessant. Es handele sich hierbei um ein Pilotprojekt, das es genau zu beobachten gelte. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau habe hierzu gemeinsam mit dem BWV Rheinland-Pfalz Süd und der Landwirtschaftskammer bereits im Januar dieses Jahres in einem Schreiben an die Landesregierung gefordert, das Landesnaturschutzgesetz erst nach Abschluss der Modellphase anzupassen, damit die Erkenntnisse daraus in das künftige Gesetz eingebracht werden könnten.
Abteilungsleiterin Schmidt erläuterte, dass es langfristiges Ziel sei, Naturschutzstationen, die jeweils zwei bis drei Landkreise umfassten, flächendeckend zu etablieren. Sie sprach von einem Zeithorizont dafür von 15 Jahren. Zurzeit gebe es zwei Modellgebiete, den Vulkaneifelkreis und die kreisübergreifende Naturschutzstation Donnersberg, Bad Dürkheim, Neustadt/W. Das Personal werde dabei vollständig vom Land finanziert. Als Träger einer Station fungiere ein Trägerverein, der vor Beginn einer Arbeitsaufnahme gegründet werden müsse. Basisaufgaben einer Station seien die Vertragsnaturschutzberatung, die Biotopbetreuung sowie die Umsetzung der Natura 2000-Auflagen. Grundsätzlich würden die Aufgaben vom Verein und somit von der Basis definiert werden. Für das nördliche Rheinland-Pfalz wären die Erarbeitung einer Grünlandstrategie, Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Maßnahmen der Gewässerunterhaltung sowie die Bekämpfung invasiver Arten vorstellbar.
Der zuständige Kreisgeschäftsführer Peter Hutsch sieht in den Naturschutzstationen eine Chance, die Belange der Landwirtschaft besser in gesellschaftliche Forderungen zu integrieren. Schließlich würden über die Naturschutzstationen auch die Kommunen eng mit der Landwirtschaft zusammenarbeiten. Weber fügte hinzu, dass sowohl die Kommunen als auch die Umweltverbände landwirtschaftliche Flächen für ihre Zwecke nutzen wollten. Über die Naturschutzstationen könnten frühzeitig Gespräche geführt werden, um allseits zufriedenstellende Lösungen zu finden. Ziel der Landwirtschaft sei es dabei, gute landwirtschaftliche Flächen für die Nahrungsmittelerzeugung zu erhalten. Auch das wahllose Aufkaufen von Ausgleichsflächen müsse endlich der Vergangenheit angehören. Hierfür könnten die Naturschutzstationen ihren Beitrag leisten.
In der Aussprache wurde deutlich, dass das Voranpreschen des MKUEM sehr kritisch gesehen wird. Angesichts der laufenden Modellprojekte und der im Gesetz vorhandenen Widersprüche bekräftigte der BWV-Verbandsrat die Forderung, die Naturschutzstationen vorerst nicht in das Landesnaturschutzgesetz aufzunehmen, sondern die Erkenntnisse der Modellphase unbedingt abzuwarten.
Grünlandkartierung lässt keinen Einspruch zu
Ein weitere Tagungspunkt war die „Grünlandkartierung“, die seit einigen Jahren kreisweise durchgeführt wird. Fiedler bemängelte, dass die Landwirte vor einer Kartierung nicht ausreichend informiert würden. Dabei sei dem Berufsstand seitens der Umweltverwaltung zugesagt worden, dass ein Vertreter der Landwirtschaft bei der Kartierung zugegen sein könne. Dieses Versprechen werde von der Umweltverwaltung konsequent ignoriert. Weber kritisierte darüber hinaus scharf, dass gegen die Kategorisierung der Grünlandflächen kein Einspruch erhoben werden könne. Außerdem sei es indiskutabel, wenn Flächen, nur weil sie in Naturschutzprogramme eingebracht worden seien, dauerhaft als Areale mit vielfältigen Arten geschützt werden müssten. Schmidt machte darauf aufmerksam, dass bis zu 10 Jahre nach dem Auslaufen eines Programms Flächen wieder landwirtschaftlich genutzt werden dürften. Es sei aber ein zentrales Problem, schränkte Weber ein, dass die zuvor vorhandene Pflanzenpopulation seitens eines landwirtschaftlichen Betriebsleiters nicht nachgewiesen werden könne. Am Ende sei wieder einmal der Landwirt der Dumme. Die Delegierten beanstandeten, dass die Landwirtschaft mit der Grünlandkartierung einen Wertverlust hinnehmen müsse. Schmidt machte darauf aufmerksam, dass offensichtliche Fehler gemeldet werden könnten. Somit sei es möglich, eine Kategorisierung zurückzunehmen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung wies Weber darauf hin, dass im Rahmen der Diskussion um das Landeswassergesetz die Gewässerrandstreifen von 10 m auf 5 m reduziert würden. Hier habe der Berufsstand einen Erfolg erzielt, zumal 10 m breite Streifen an Gewässern den Erosionsschutz nicht verbessern würden. Dennoch halte der BWV an seiner grundsätzlichen Kritik am Landeswassergesetz fest und spreche sich gegen ordnungsrechtliche und für kooperative Maßnahmen im Bereich der Gewässerrandstreifen aus.
Abschließend widmeten sich die Delegierten noch der aktuellen Situation im Weinbau. Gestiegene Traubenerträge würden auf einen insgesamt abnehmenden Nachfragemarkt stoßen. Der stetige Anstieg an Rebflächen „kollidiere“ mit der Diskussion über Gesundheit und Alkohol. Es sei daher kaum mit einer kurzfristigen Besserung der Situation am Weinmarkt, sondern mit einer Strukturbereinigung zu rechnen. Der Präsident des Weinbauverbandes Mittelrhein Heinz-Uwe Fetz rechnet mit einer deutschlandweiten Rückführung der Rebflächen um zirka 30.000 Hektar mit einer anschließenden Stabilisierung des Markts.