Orscholz. Während der Umweltministerkonferenz am vergangenen Donnerstag im saarländischen Orscholz übergaben Vertreter des bäuerlichen Berufsstandes mit ca. 100 Bäuerinnen und Bauern den Bundes- und Landesumweltministern eine Erklärung zu den Schwerpunkten Naturwiederherstellung und Wolfspolitik. Die Vorsitzende der Umweltministerkonferenz und saarländische Umweltministerin Petra Berg und Bundesstaatsekretär Jochen Flasbarth nahmen die Erklärung stellvertretend für alle Landesumweltminister entgegen. Eine Delegation des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, unter der Leitung von Vizepräsident Stefan Fiedler und Weinbaupräsident Walter Clüsserath, begleitete die Kundgebung und unterstützte die saarländischen Berufskollegen.
In seiner Begrüßung machte der Präsident des Saarländischen Bauernverbandes, Peter Hoffmann, klar, dass die Umsetzung der Naturwiederherstellungsverordnung zu einer großen Belastung für die landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betriebe in Deutschland werden könne. Auch die Zunahme der Wolfspopulationen würde die Weidetierhalter mittelfristig zum Ausstieg aus der Produktion bewegen. Dies hätte schwerwiegende Folgen für die Biodiversität des Grünlandes. „Wir wollen im Saarland keine Wölfe“, betonte Hoffmann.
Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, erklärte, dass sich der Wolf durch einen Herdenschutzzaun nicht beeindrucken lasse. Hinzu komme die Nachweis-Bürokratie im Falle eines Wolfsrisses und das Damoklesschwert unberechenbarer Wolfsangriffe. All das werde zum Rückzug der Weidetierhaltung führen. „Dabei soll das Grünland erhalten bleiben. Wie denn sonst, wenn die Tierhalter nicht mehr da sein werden?“ stellte Hartelt die begründete Frage. Das Schutzniveau des Wolfs müsse nun endlich in der FFH-Richtlinie in einen geringeren Schutzstatus abgeändert werden. Ein guter Erhaltungszustand sei längst erreicht. Weiterhin müssten auffällige Wölfe endlich gerichtsfest entnommen werden können. Der aktuelle Zustand, dass Kleinverbände die berechtigte Entnahme eines reißenden Wolfes gerichtlich verhindern könne, müsse beseitigt werden, machte Hartelt klar.
Der Umweltreferent des Deutschen Bauernverbandes, Steffen Pingen, erläuterte die Gefahren durch die EU-Wiederherstellungsverordnung. Die Auswirkungen bzw. Folgen der Wiederherstellungsverordnung seien nicht eindeutig vorhersehbar, weil eine „Wiederherstellung“ nicht klar definiert sei. Die Wiederherstellungsverordnung umfasse mehrere Bereiche, so das Wiederherstellen verschiedener Lebensraumtypen, den FFH-Lebensraum, das Herstellen von Ökosystemen, die Renaturierung von Mooren und die Beachtung der Entwicklung von Feldvögeln bzw. Grünlandschmetterlingen. Ziel der Wiederherstellungsverordnung sei das Einleiten eines positiven Entwicklungstrends. Der Einfluss des Klimawandels oder räuberischer Tiere werde dabei nicht berücksichtigt. Pingen sieht aber ein Problem darin, dass die Landwirte nicht alle Entwicklungen beeinflussen könnten, womöglich aber zur Verantwortung gezogen würden.
Bis September 2026 müssten Bund und Länder einen Naturwiederherstellungsplan bei der EU einreichen. Die Bauernverbände müssten bei der Ausarbeitung der Pläne auf Augenhöhe eingebunden werden, forderte Pingen. Die weitere Ausweisung von Schutzgebieten und die Ausweitung ordnungsrechtlicher Vorgaben müssen verhindert werden. Das geplante Natur-Flächen-Gesetz soll die Naturwiederherstellungsverordnung umsetzen. Dabei dürfe es nicht zu einem Vorkaufsrecht für Naturschutzorganisationen kommen. Vielmehr müsse der Schwerpunkt auf Kooperation und Finanzierung freiwilliger Leistungen zusammen mit der Landwirtschaft gelegt werden. Es sei wichtig, Finanzmittel im Natur-Flächen-Gesetz verbindlich festzulegen.
Die Vorsitzende der Umweltministerkonferenz und saarländische Umweltministerin Petra Berg betonte, dass bei der Umsetzung der Naturwiederherstellungsverordnung der Austausch mit der Landwirtschaft unerlässlich sei. Es dürfe keine weitere Bürokratie und keine weiteren Auflagen geben. Außerdem dürften keine weiteren Schutzgebiete ausgewiesen werden. Vielmehr müssten bereits bestehende Schutzflächen kartiert und aufgewertet werden. Die Landwirtschaft sei ein existenzieller Pfeiler Deutschlands. Hinsichtlich der Wolfproblematik stellte Berg fest, dass der Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt werden müsse. Obwohl der Wolf im Saarland noch kein Problem sei, sei das gesamte Bundesland bereits Präventionsgebiet.
Der Staatssekretär des Bundesumweltministeriums Jochen Flasbarth zeigte sich gesprächsbereit. Die europäische Abstufung des Schutzstatus des Wolfes werde in deutsches Recht übertragen. Das Bundesjagdgesetz und auch das Bundesnaturschutzgesetz würden entsprechend geändert werden. Die Wiederherstellungsverordnung der EU verlange eine Datenbereitstellung bis zum Sommer 2026. Die Verordnung beruhe auf Freiwilligkeit. Dies sei im Rechtstext der Verordnung festgelegt. Schließlich sei die Ernährungssicherheit auch Grundlage der Wiederherstellungsverordnung.
Landwirtschafts- und Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Till Backhaus, machte in seiner Ansprache deutlich, dass die Erzeugung von Lebensmitteln systemrelevant sei. Die Landwirte würden dringend mehr Rechtssicherheit und Gerichtsfestigkeit gegenüber der Wolfsbedrohung benötigen. Auch er setze sich für eine Anpassung der FFH-Richtlinie und einen geringeren Schutzstatus des Wolfs in dieser Richtlinie ein. Anschließend müsse das Bundesnaturschutzgesetz angepasst werden. Auch das Naturwiederherstellungsgesetz könne nur in Partnerschaft mit der Landwirtschaft umgesetzt werden. Er empfahl dem Deutschen Bauernverband, darzulegen, was die Landwirtschaft umsetzen wolle und könne und welche finanziellen Mittel dafür notwendig seien.
Über das Natur-Flächen-Gesetz müssten Ausgleichsmaßnahmen geregelt werden. Hierzu gehörten auch die Aufwertung ökologisch bewirtschafteter Flächen und die Einführung eines deutschlandweiten Ökokontos für die Betriebe, machte Backhaus deutlich.
Der sächsische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Georg-Ludwig von Breitenbuch brach eine Lanze für die Regulierung des Wolfsbestandes. Die Weidetierhaltung sei in einigen Regionen Sachsens von den Wölfen akut bedroht. Dabei finanziere das Land Wolfsschutzzäune zu 100 Prozent. Jährlich erhöhe sich der Wolfsbestand um 30 Prozent: „Ein effektives Wolfs-Bestandsmanagement muss nun eingeführt werden“. Das Naturwiderherstellungsgesetz, so von Breitenbuch, müsse die Bedürfnisse der Eigentümer berücksichtigen.
Der Umweltminister Thüringens, Tilo Kummer, erklärte, dass sich die Wolfsrisse deutlich erhöht hätten. Die Gesellschaft habe aber auch eine Verantwortung für den Erhalt der Bergwiesen und der Grünlandflächen. Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung dürfe nicht bedroht werden. Die betrachteten Gebiete könnten aber nicht wolfssicher gemacht werden. Es sei an der Zeit, dass der Wolf wieder Respekt vor landwirtschaftlichen Tieren erhielte.
Der Präsident des saarländischen Bauernverbandes, Peter Hoffmann, zeigte sich am Ende der Kundgebung zuversichtlich über die weiteren politischen Schritte in Bezug auf die Wolfsregulierung und die Umsetzung der Naturwiederherstellungsverordnung. Der Berufsstand werde im Gespräch mit der Politik bleiben.
Die Inhalte der berufsständischen Erklärung können hier eingesehen werden.